Zyto-Ausschreibungen

VZA: Onkologika sind keine Inkontinenzhilfen

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Berlin -

Die Zyto-Ausschreibung der Knappschaft Bahn See (KBS) in Nordrhein-Westfalen stellt nach Ansicht des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) einen weiteren Dammbruch dar. „Bundesregierung und Bundestag müssen dringend handeln, sonst bricht die zuverlässige onkologische Versorgung im Land künftig zusammen“, sagte VZA-Präsident Dr. Klaus Peterseim.

Ärzte, Krankenhäuser, Pflegekräfte, Patienten und deren Verbände teilten die Kritik, dass Ausschreibungen für die Versorgung mit Zytostatika ungeeignet seien. Die Behandlung von Krebspatienten erfordere einen permanenten, flexiblen Austausch zwischen Arzt und Apotheker auf kurzem Wege und sei nicht in Standardabläufen zu organisieren.

„Onkologische Arzneimittel sind keine Inkontinenzhilfen, deren Abgabe man vielleicht ausschreiben kann“, so Peterseim. „Die Behandlung von Krebspatienten mit Chemotherapien ist höchst individuell und komplex.“ Setzten sich Ausschreibungen bei der Zytostatika-Versorgung durch, werde binnen kürzester Zeit die flächendeckende, ortsnahe Versorgung mit Krebsmedikamenten zerstört sein.

Eine solche Entwicklung widerspreche fundamental den Zielen des nationalen Krebsplans und den Absichten des Gesetzgebers: „Krebspatienten sollen in einem kooperativen und multiprofessionellen Gesundheitsnetzwerk versorgt werden, zu dem lokale Zytostatika-Apotheken zwingend gehören. Diesen Netzwerken droht jetzt zulasten von Schwerstkranken die Zerstörung, weil die Versorgung mit onkologischen Arzneimitteln durch die Ausschreibungen auf wenige Anbieter, meist Herstellungsbetriebe mit Private-Equity-Kapitalgebern, konzentriert und beschränkt wird.“

Peterseim verwies auch auf die massiven Bedenken der Ärzte gegen die Ausschreibungen. Sie fürchten, die individuelle Patiententherapie nicht mehr steuern zu können, und einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand. Der Kostendruck der Krankenkasse dürfe nicht mit minderer Versorgungsqualität beantwortet werden. „Deshalb ist jetzt der Eingriff der Politik gefordert“, so Peterseim. Ansonsten sei ein Durcheinander vorprogrammiert.

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte im November die freie Apothekenwahl im Bereich der Sterilrezepturen außer Kraft gesetzt. Die Versicherten hätten diesbezüglich von vornherein kein geschütztes Interesse, da im Apothekengesetz (ApoG) für diesen Bereich explizit Absprache zwischen Arzt und Apotheker erlaubt seien. Und auf diese habe der Versicherte ohnehin keinen Einfluss, so das Argument.

Das Bundesverfassungsgericht hatte eine Beschwerde des in dem Verfahren betroffenen Apothekers abgelehnt. Daraufhin hatte neben der KBS auch die AOK in fünf Bundesländern die Versorgung mit Sterilrezepturen ausgeschrieben.

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