Vor rund drei Jahren hat der Lieferengpass Tamoxifen-haltiger Arzneimittel für Aufsehen gesorgt. Da ein Rohstoffhersteller die Produktion des Zytostatikums eingestellt hatte, kam es beim Brustkrebsmedikament zu umfangreichen Lieferengpässen. Der Grund: das niedrige Preisniveau. Jetzt wurde zwar der Festbetrag angehoben, doch die Produktion bleibt weiterhin unwirtschaftlich, mahnt Pro Generika.
Tamoxifen gehört zu den selektiven Estrogenrezeptormodulatoren (SERM) und wird zur adjuvanten Behandlung von hormonrezeptor-positiven Mammakarzinomen nach Primärbehandlung eingesetzt. Doch die Herstellung des versorgungsrelevanten Wirkstoffes ist schon seit einiger Zeit nicht mehr wirtschaftlich und daran wird sich auch nichts ändern. Gerade einmal 8,80 Euro erhalten Hersteller für eine Dreimonatspackung.
Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wurde eine Änderung in § 35 Sozialgesetzbuch (SGB V) getroffen. Demnach kann für versorgungskritische Wirkstoffe seit dem 1. Oktober 2023 der Festbetrag auf Grundlage der Abgabepreise der pharmazeutischen Unternehmer um 50 Prozent oder des für die Anwendung maßgeblichen Preisstands nach § 130a Absatz 3a – Preismoratorium – um 50 Prozent angehoben werden.
Doch die Erhöhung werden die Hersteller nicht spüren und somit die Produktion weiterhin unwirtschaftlich bleiben. Der Grund: Andere Preisinstrumente bleiben unverändert und neutralisieren den gewünschten Effekt. Die Rede ist von Regulierungen wie Rabattverträgen, der 4G-Regel und Generikarabatten. Gelten Rabattverträge weiter, werde die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Preis nicht an den Hersteller, sondern direkt an die Krankenkassen weitergereicht, so Pro Generika. Und auch dass Apotheken eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel abgeben müssen, befeuere den Preiskampf.
Das Fazit von Pro Generika: „Die Produktion von Tamoxifen bleibt unwirtschaftlich. Betroffen sind Hersteller wie Sandoz – die Firma, die seinerzeit den Versorgungsengpass verhinderte, indem sie am Standort Barleben zusätzliche 20 Millionen Tagesdosen produzierte.
Auch wenn die Wirkung verpufft, wird die Festbetragserhöhung als „gutes Signal“ bezeichnet. Die Zielsetzung des Gesetzgebers, den Generika-Markt wirtschaftlich attraktiver zu machen, dadurch die Anbietervielfalt zu erhöhen oder zumindest weitere Marktaustritte zu verhindern und so strukturell Engpässen entgegenzuwirken, sei uneingeschränkt sinnvoll. „Das Beispiel ‚Festbetragserhöhung Tamoxifen‘ zeigt aber eindrucksvoll, dass das bestehende Regelungswerk zu dicht ist und sich verschiedenste Instrumente in ihrer Wirkung widersprechen. Von daher ist mehr Mut und Konsequenz von der Politik bei der Umsetzung des definierten Ziels gefordert“, weiß ein Insider.
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