Tierarzneimittel

Experten diskutieren Dispensierrecht

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Berlin -

Die Debatte um das tierärztliche Dispensierrecht dauert an. Nachdem das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) ein Gutachten über die Vor- und Nachteile der Sonderregelung in Auftrag gegeben hatte, soll nun über dessen Ergebnisse diskutiert werden. Dazu hat das Ministerium 72 Interessensgruppen zu einem Fachdiskurs eingeladen.

Mit dabei sind drei tierärztliche Organisationen sowie der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (BPT). Dessen Präsident Dr. Hans-Joachim Götz hofft „trotz der neu aufgeflammten tendenziösen Medienberichterstattung“ auf einen sachlichen Austausch. Den Diskussionsteilnehmern müsse klar sein, dass es einzig und allein um die Frage gehe, ob das ärztliche Dispensierrecht eine unmittelbare Auswirkung auf die Zunahme antimikrobieller Resistenzen habe.

Aus Götz' Sicht ist das nicht der Fall. Das habe auch das Gutachten belegt, das das BMEL bei dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG in Auftrag gegeben habe. Als Vorteil des Dispensierrechts werde gewertet, dass Tierhalter alle Leistungen aus einer Hand erhielten und keinen weiteren Aufwand hätten. Dass sich das Risiko der Zunahme und Ausbreitung von Resistenzen in Folge einer Abschaffung des Dispensierrechts vermindere, habe das Gutachten hingegen nicht belegen können.

Für Götz ist klar: „Eine Abschaffung des Dispensierrechts kann also überhaupt nicht das Thema sein.“ Die Abgabe durch Tierärzte trage weder die Schuld an schlechter Tiergesundheit noch an mangelnden Haltungsbedingungen und auch nicht am Verbraucherverhalten, möglichst billig einzukaufen. Das Dispensierrecht habe auch keinen Einfluss auf den Antibiotikaverbrauch, denn an bakteriellen Infektionen erkrankte Tiere müssten mit Antibiotika behandelt werden.

„Eine Antibiotika-Reduktion ist eben nicht mit einer Abschaffung des Dispensierrechts zu erreichen, sondern einzig und allein mit einer Verbesserung der Tiergesundheit“, so Götz' Fazit. Es nutze daher nichts, die Schuld von einem auf den anderen zu schieben und ganze Berufsstände zu kriminalisieren.

Götz zufolge ist Hygiene der Schlüssel zum Erfolg. „Ihr muss dringend ein höherer Stellenwert eingeräumt und die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden“, fordert der BPT-Präsident. Ziel in der Nutztierhaltung müsse sein, Krankheiten durch Präventionsmaßnahmen zu vermeiden, etwa Impfungen, Hygiene sowie einer Verbesserung von Haltungsmanagement und Haltungsbedingungen.

Das Dispensierrecht war vor dem Hintergrund der Debatte um Antibiotika-Resistenzen in die Diskussion geraten. Im Zuge der Verabschiedung der 16. AMG-Novelle, die im April dieses Jahres in Kraft getreten ist, hatte der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, eine Einschätzung vorzulegen, ob die Praxis in der heutigen Form Bestand haben kann. Das BMEL hatte daraufhin KPMG beauftragt.

Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen kam zu dem Schluss, dass eine Abschaffung des Dispensierrechts zwar Verkaufsanreize der Tierärzte auflösen, aber wegen längerer Vertriebswege über Apotheken auch Risiken für die Tiergesundheit mit sich bringen würde. Für die Apotheken ist der Tierarzneimittelvertrieb aus Sicht der Wirtschaftsprüfer kein attraktives Geschäftsfeld – immerhin stünden potentiellen zusätzlichen Einnahmen Umstellungskosten und besondere Dokumentationspflichten gegenüber.

Das sah die ABDA zuletzt offenbar ähnlich: In der Diskussion gibt sich die Standesvertretung eher zurückhaltend. „Die Apotheker bemühen sich nicht aktiv um die Versorgung mit Tierarzneimitteln“, hieß es bereits vor knapp zwei Jahren, als das EU-Parlament vorgeschlagen hatte, das Dispensierrecht für Tierärzte einzuschränken. Gleichwohl betonte die ABDA, dass die Apotheker bereitstünden, wenn der Gesetzgeber entscheide, dass Tierarzneimittel aus Sicherheitsgründen in die Apotheke gehörten.

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