Ex-Minister will Pharmaindustrie stärken

Spahn: „Wir müssen Anreize für Mehrarbeit schaffen“

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Berlin -

Über seinen Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) oder allgemein die Gesundheitspolitik der Ampel äußert sich Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nicht. Er richtet seinen Fokus auf größere Themen – und ist dabei näher an der Pharmaindustrie und entfernter von den Grünen als seinem einstigen Lieblingskoalitionspartner als je zuvor.

Laut Spahn wird die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft durch die aktuellen Krisen regelrecht durchgeschüttelt. Folge sei eine schleichende Deindustrialisierung, der man wegen der Inflation diesmal nicht über Ankurbelung der Nachfrage, sondern über Verbreiterung der Angebote begegnen müsse, so Spahn bei einer Konferenz des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen (vfa).

Was Spahn meint, ist eine Stärkung der Wirtschaft auf allen Ebenen. So müssten die Steuern runter, wenn Gewinne im Unternehmen blieben. Arbeitsmodelle müssten flexibilisiert, Kosten gesenkt werden. „So richtig Nachhaltigkeit und Energiewende sind – sind es jetzt die richtigen Schwerpunkte? Sie erhöhen nicht die Produktion.“ Man könne nicht das Angebot beispielsweise im Bereich der Stromerzeugung verknappen und dann Subventionen ausloben. „Wir müssen die Stromsteuer senken und dies einbetten in ein Gesamtkonzept.“ Auch sei es nicht der richtige Zeitpunkt, um über die 4-Tage-Woche zu sprechen. „Wir müssen Anreize für Mehrarbeit schaffen.“

Weniger Esoterik, mehr Lust auf Fortschritt, so Spahns Devise: „Mit Glück zahlen sie keine Renten.“ Anstelle einer Verzichtsdebatte brauche man neue gemeinsame Ziele und Missionen, etwa die Bekämpfung von Krebs oder Alzheimer. Dabei müsse man sich auch fragen, in welchen Bereichen man sich Souveränität erhalten wolle: „Wären wir wirklich bereit, Militärtechnologie nach China zu vergeben, nur weil es da günstiger ist? Oder hätten wir in Peking oder Moskau nach Impfstoff betteln wollen?“

Die Globalisierung mit einer arbeitsteiligen Welt werde derzeit durch andere Mächte in Frage gestellt, daher müsse man sich die Frage stellen: „Was sind diejenigen Technologien, die wir auch können müssen.“ Das habe nichts mit Autarkie zu tun – es sei „Bullerbü“ davon auszugehen, man könne auf Dauer nur so viel Strom verbrauchen wie man selbst produzieren könne. „Wir importieren 80 Prozent der Energie, und das wird sich auch gar nicht ändern lassen.“

Ihm schwebt nicht nur ein regelmäßiger „China-Check“ der Wirtschaft vor, sondern auch eine Matrix der verschiedenen Branchen: „Was ist energieintensiv und was hat eine tiefe Wertschöpfung?“ Branchen mit viel Geld zurückzuholen, die längst in der Massenfertigung angekommen seien wie etwa die Solarindustrie, sei der falsche Weg. Da sei eine Diversifizierung der Länder der bessere Weg. Wichtiger seien neue und zukunftsträchtige Technologien.

Bei der Pharmaindustrie sei die Frage leicht zu beantworten, „es ist genau die Form, die wir brauchen“. Ihm sei unverständlich, warum man ausgerechnet in einer Zeit, in der die gesamte Industrie unter Druck stehe, einer solchen Branchen das Leben unnötig schwer mache.

Seine Forderung an die Wirtschaft: „Die Industrie muss klarer sagen, wo ihr der Schuh drückt.“ Es könne doch nicht sein, dass die Union als Opposition der einzige Rufer im Wald sei, während sich die Wirtschaft selbst in der Hoffnung auf Zugeständnisse zum „Bündnisgenossen“ mache: „Dann müssen wir uns in ein paar Jahren nicht wundern, wie es dazu kommen konnte.“

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