Kommentar

Liberales Laissez-faire

, Uhr
Berlin -

Nach der Impfstoff-Misere im vergangenem Jahr ist es ein positives

Signal, dass sich die Koalition für ein Ende der exklusiven

Ausschreibungen einsetzt. Aber hätte nicht schon viel früher das

Bundesgesundheitsministerium (BMG) handeln müssen? Warum muss Daniel

Bahr (FDP) an seine Verantwortung erinnert werden? Der Minister verhält

sich nicht nur in dieser Frage viel zu passiv: Auch in anderen Bereichen

könnten Konflikte zwischen Verhandlungspartnern zu reellen Belastungen

für die Patienten führen. Und das BMG schaut zu.

Grippeimpfstoffe sind sensible Arzneimittel und gerade für Kinder und Ältere unverzichtbar. Was bringen die Einsparungen aus den Ausschreibungen, wenn andererseits mehr Krankenhausbetten belegt werden? Im November hatte Bahr versucht, die Wogen zu glätten: Es gebe genug Dosen, um alle Bürger zu immunisieren. Für die entstanden Probleme sei nicht die Regierung verantwortlich, sondern Kassen und Hersteller.

Das ist zu kurz gedacht: Was hätte Bahr getan, wenn sich die Situation durch eine Epidemie schlagartig verschlimmert hätte? Für schlechte Verträge kann man Unternehmen und Kassen die Schuld geben. Die Verantwortung für einen Versorgungsnotstand trägt aber die Politik.

Ähnlich defensiv ist das BMG beim Kassenabschlag und bei den Erstattungsbeträgen: Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, für einen klaren ordnungspolitischen Rahmen zu sorgen. Nur dann kann Selbstverwaltung funktionieren. Seit Monaten aber wird gestritten. Nichts bewegt sich, alle drohen mit Klagen – und der Beitrag des BMG beschränkt sich auf knappe Stellungnahmen aus der Fachebene.

Bahr selbst verweist immer wieder auf den Vorteil des deutschen Gesundheitssystems gegenüber zentralistischen und überregulierten Systemen. In den genannten Fällen geht es aber nicht um liberales Laissez-faire. Es geht um die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in der Bundesrepublik Deutschland.

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