Ökonomische Bedeutung

Impfen: Return on invest = 19

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Berlin -

Die Impfquoten müssen erhöht werden. Darüber sind sich die führenden Hersteller und die Politik einig. Was es dafür braucht, sind bessere Rahmenbedingungen, ein niedrigschwelliges Impfangebot – auch in Apotheken – und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Darüber wurde unter dem Motto „Impfen ist Prävention par excellence“ bei Pharma Deutschland diskutiert.

Impfen sei eine erfolgreiche Vorsorge, machte Dr. Georg Kippels, designierter Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG, deutlich. Impfungen gehörten zu den wichtigsten, wirksamsten und kostengünstigsten präventiven Maßnahmen, die der Medizin als Schutz gegen Infektionskrankheiten zur Verfügung stünden. Zudem können mit Schutzimpfungen Folgekosten gesenkt werden.

Ingo Werner von Viatris rechnete vor: „Nach Schätzungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft verursachte der hohe Krankenstand durch Atemwegserkrankungen in der Grippewelle-Saison 2023/2024 Kosten in Höhe von bis zu 36 Milliarden Euro für die deutsche Volkswirtschaft.“ In der Saison wurden mehr als 220.000 Influenzafälle gemeldet. Die Dunkelziffer ist höher.

Doch die Impfquoten sind schlecht. Gemäß der Impfempfehlung sollten sich 75 Prozent der Älteren und der vulnerablen Gruppen gegen Grippe impfen lassen. Doch nur 30 Prozent tun dies. Während der Corona-Pandemie lag die Impfquote mit 40 Prozent höher.

Die Zahlen zeigen, dass es hierzulande ein großes Gap zwischen dem Impfziel und der tatsächlichen Situation gibt. Einer relativ hohe Impfquote von 60 Prozent bei den 80-Jährigen und älter steht eine der 60-Jährigen und älter von knapp 20 Prozent gegenüber – trotz Grunderkrankung. Ein Problem, denn die Ü60-Jährigen sind berufstätig und somit sind viele AU-Fälle zu verzeichnen.

Auch bei Chronikern Ü60 und U60 gibt es Unterschiede: „Während die Gruppe über 60 Jahre auch aufgrund anderer Erkrankungen regelmäßig hausärztliche Praxen aufsucht und dort entsprechende Impfangebote wahrnimmt, ist dies bei den chronisch Kranken unter 60 Jahren oftmals nicht der Fall, weshalb bei ihnen in den letzten Jahren die Grippeschutzimpfquote deutlich zurückging.“ Somit wird in Facharztpraxen weniger gegen Grippe geimpft.

Für Werner lassen die Zahlen jedoch nicht auf eine Impfmüdigkeit schließen. Dafür fehlen belastbare Untersuchungen. Die geringen Impfquoten zeigten eher, dass die Angebote fehlen. Die Lösung: Niedrigschwellige Angebote müssen her. „Deutschland bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück, wenn es um höhere Impfquoten geht“, sagte Kristina Ostertag von GSK. „Die breite Etablierung des Impfens in Apotheken sowie eine zügige Aufnahme von Stiko-empfohlenen Impfungen in regionale Impfvereinbarungen würden den Zugang für Bürger:innen maßgeblich vereinfachen.“

Impfen sei auch ein Akt der Solidarität. Es würden auch Menschen geschützt, die sich nicht impfen lassen könnten. Hinzu komme ein ökonomischer Wert: Denn Impfen sei wirtschaftlich von großer Bedeutung und bringe für jeden investierten Euro das 19-Fache zurück.

„Mit dem aktuellen Regierungswechsel erwarten wir eine klare Priorisierung der Prävention im Gesundheitswesen. Jetzt ist es Zeit, zu handeln und Impfen als selbstverständlichen Teil unserer Gesundheitsvorsorge zu etablieren.“ Deutschland sei Spitzenreiter bei den Krankheitstatgen. Bevor über Lohnausfall am ersten Krankheitstag gesprochen werde, sollte erstmal übers Impfen gesprochen werden.

Nicht nur Bildung und Aufklärung, Anreize sowie impfende Apotheken könnten dazu beitragen, die Impfquoten zu erhöhen, sondern auch Innovationen, so Andreas Pollner von Moderna. „Um einen breiten und zeitnahen Zugang zu innovativen Impfoptionen zu gewährleisten, müssen alle Akteure im Gesundheitswesen – von politischen Entscheidungsträgern über Gesundheitsdienstleister bis hin zur Industrie – zusammenarbeiten und die Prozesse vereinfachen, die neue Impfstoffe zu den Patientinnen und Patienten bringen.“ Der Schritt zur Innovation sei extrem wichtig, vor allem da, wo es noch keine Impfstoffe gebe, könnten mRNA-Impfstoffe Lücken schließen.

„Wenn mehr Bürgerinnen und Bürger geimpft sind, stärken wir nicht nur die öffentliche Gesundheit durch einen besseren Schutz vor Infektionskrankheiten“, fasste Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin Pharma Deutschland, zusammen. Für sie ist Impfen ein „Herzensthema“. Höhere Impfquoten entlasteten durch vermiedene Folgeerkrankungen das Gesundheitssystem. Bessere Rahmenbedingungen zur Gesundheitsprävention zahlten sich gesamtgesellschaftlich aus. Hier habe Deutschland Nachholbedarf.

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