HPV-Impfstoffe

Sanofi boykottiert AOK-Ausschreibung

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Berlin -

Sanofi Pasteur MSD hat angekündigt, sich nicht an der Ausschreibung zu HPV-Impfstoffen zu beteiligen. Der Impfstoffhersteller kritisiert die Ausschreibung mit Blick auf die Impfraten als falsches Signal. Außerdem seien die beiden verfügbaren Vakzine nicht vergleichbar. Sanofi Pasteur hofft auf öffentliche Unterstützung. Konkurrent GlaxoSmithKline (GSK) will sich während des laufenden Verfahrens nicht zu den eigenen Plänen äußern.

Die AOKen Hessen und Niedersachsen hatten Ende Februar die Versorgung mit Impfstoffen gegen Gebärmutterhalskrebs ausgeschrieben. Neben den beiden Originalherstellern GSK und Sanofi Pasteur können auch Reimporteure Gebote abgeben. Zuschlagskriterium ist der günstigste Preis.

Aus Sicht von Sanofi ist eine Ausschreibung „gleich aus mehreren Gründen“ nicht sinnvoll: „Die beiden Impfstoffe sind nicht vergleichbar“, heißt es bei dem Hersteller. Der eigene Impfstoff Gardasil wurde 2006 zugelassen. Er schützt vor den beiden Gebärmutterhalskrebs auslösenden HPV-Typen 16 und 18 sowie vor den Typen 6 und 11, die Genitalwarzen verursachen können. Gardasil ist für Kinder und Jugendliche zwischen neun und 15 Jahren sowie Frauen zwischen 16 und 26 Jahren zugelassen – und hat laut Sanofi Pasteur einen Marktanteil von mehr als 80 Prozent.

Der Konkurrenzimpfstoff Cervarix von GSK wurde ein Jahr später auf den Markt gebracht. Das Präparat wirkt gegen die beiden HPV-Typen 16 und 18. Cervarix ist für Mädchen ab neun Jahren und Frauen im Alter von 15 bis 25 Jahren zugelassen.

Die Ausschreibung sieht man daher bei Sanofi Pasteur kritisch: „Eine Entscheidung, die als einziges Entscheidungskriterium nur den Preis kennt, vernachlässigt den unterschiedlichen medizinischen Nutzen der beiden Produkte und schränkt die patientenindividuelle Therapieentscheidung der Ärzte ein.“

Auch mit Blick auf die HPV-Impfraten hält Sanofi Pasteur die Ausschreibung nicht für sinnvoll: Sie lägen in Deutschland bei rund 40 Prozent und damit international „höchstens im Mittelfeld“. Die Erfahrung bei den Grippeimpfstoffen zeige aber, dass Ausschreibungen in der Regel dazu führten, dass weniger Menschen geimpft würden.

„Diese Ausschreibung ist das falsche Signal“, kritisiert Dr. Oliver Sadlek, Chef des Joint Ventures der Impfstoffsparten von Sanofi und Merck & Co. „Wir brauchen mehr Prävention und nicht weniger, und wir glauben, dass das Vorhaben der AOKen, was die öffentliche Gesundheit betrifft, nicht zielführend ist.“

Ausschreibungen mit exklusivem Charakter würden gerade bei Impfstoffen als eine Ursache für die Versorgungsprobleme verantwortlich gemacht, heißt es bei dem Hersteller. Könne ein Unternehmen nicht liefern, drohten Engpässe. Denn selten sei ein Mitbewerber in der Lage, den Ausfall zu kompensieren.

Der Hersteller verweist außerdem auf den bereits existierenden Preisdruck: Für Impfstoffe gelte entweder ein europäischer Referenzpreis oder der Zwangsrabatt von 7 Prozent. Hinzu kämen zahlreiche Rabattverträge mit Krankenkassen. „Jetzt noch die Ausschreibungen – das alles zusammen wird dem Wert einer medizinischen Innovation, für deren Idee es immerhin einen Nobelpreis gab, nicht mehr gerecht“, kritisiert Sadlek.

Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass künftig zwei statt wie bislang drei Impfdosen für die Immunisierung ausreichen könnten. Dies würde Entlastungen für die Kassen nach sich ziehen.

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