Baden-Württemberg

Gericht kippt Impfstoffvereinbarung

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Berlin -

Im Streit um die Impfstoff-Versorgung in Baden-Württemberg haben die Apotheker einen ersten Erfolg errungen: Das Sozialgericht Stuttgart hat entschieden, dass die produktneutrale Verordnung von Impfstoffen gegen höherrangiges Recht verstößt. Die Kassen dürfen nicht länger behaupten, dass Apotheker verpflichtet sind, Rezepte auf denen lediglich „Impfstoff gegen...“ verordnet ist, zu beliefern. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Im vergangenen Jahr hatten die Krankenkassen in Baden-Württemberg Rabattverträge über insgesamt zehn Impfstoffe abgeschlossen. Für die Umsetzung dieser Verträge wurde eine Impfstoffvereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abgeschlossen, die seit Januar gilt. Ärzte sollen demnach entweder den jeweiligen Rabattimpfstoff namentlich oder produktneutral „Impfstoff gegen ...“ verordnen.

Da sich die Verträge derzeit nicht in der Software abbilden lassen, müssen die Apotheker anhand eines Posters den jeweiligen Rabattimpfstoff heraussuchen. Gegen diese Praxis hatte eine Apothekerin geklagt und einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.

Mit Erfolg: Nach Auffassung der Richter verstößt die Verordnungsweise gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) und die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). In Letzterer ist geregelt, dass eine Verschreibung die Bezeichnung des Fertigarzneimittels oder des Wirkstoffs einschließlich der Stärke enthalten muss.

Die AOK vertrat die Auffassung, dass die produktneutrale Verordnung keinen Zweifel offen lasse: „Die konkrete Produktbezeichnung ergebe sich aus dem Zusammenspiel der in der Verordnung genannten Impfindikation und den zur Marktkenntnis gebrachten exklusiven Impfstoff-Rabattverträgen“, argumentierte die Kasse.

Das sahen die Richter jedoch anders: Ein Poster mit den Rabatt-Impfstoffen für einzelne Regionen sei nicht ausreichend, um eine unzweideutige Zuordnung vornehmen zu können, heißt es in der Begründung des Beschlusses. Durch die produktneutrale Verordnungsweise würde die Verantwortung auf die Apotheker verlagert.

„Eine derartige Verschiebung von Verantwortungsbereichen widerspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben, sondern stellt zugleich eine drittbelastende vertragliche Regelung dar“, kritisieren die Richter. Dies könne leicht vermieden werden, indem sich die Vertragsparteien strikt an die Vorschriften des AMG und der AMVV hielten.

Die Richter haben der Apothekerin mit dem Beschluss einstweiligen Rechtsschutz gewährt. Ihr könne nicht zugemutet werden, durch die Abgabe von rabattierten Impfstoffen aufgrund einer Verschreibung „Impfstoff gegen...“ gegen bestehende gesetzliche Vorgaben zu verstoßen und gegebenenfalls eine Straftat zu begehen, heißt es in der Begründung. Zudem habe die AOK nicht überzeugend erklären können, welche Nachteile durch die namentliche Verordnung entstehen könnten.

Die AOK hatte vergeblich argumentiert, die namentliche Verschreibung der Impfstoffe durch die Ärzte sei mit einem höheren Fehlerrisiko verbunden. Diese Auffassung teilten die Richter nicht: Die Auswahl und Zuordnungsentscheidung durch die Ärzte dürfe weniger fehleranfällig sein als die Verschiebung der Entscheidung auf die Apotheken, da der Rabattimpfstoff nach der Betriebsstätte des Arztes ausgewählt werde. Im Gegensatz zum Apotheker müsse der Arzt also nicht zwischen verschiedenen Impfstoffen wählen.

Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.

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