Seit über zwei Jahrzehnten nimmt die Zahl der Apotheken in Westfalen-Lippe ab – und der Abwärtstrend beschleunigt sich weiter. Dabei wächst der Bedarf: Die Bevölkerung wird älter und braucht mehr pharmazeutische Versorgung. Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening warnt: „Alarmstufe Rot“.
Im Jahr 2005 noch habe es noch 2246 Apotheken gegeben, die wohnortnahe Versorgung sicherten. Heute seien es nur noch 1642 Betriebsstätten – ein Rückgang um 27 Prozent. 442 Apotheken werden nach Kammerangaben als Filialen geführt. Damit verbleiben in Westfalen-Lippe nur noch 1200 selbstständige Einheiten – ein Rückgang um 47 Prozent binnen zwei Jahrzehnten.
„Wir haben mit großer Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung eine deutliche wirtschaftliche Stärkung der Apotheken vorgesehen ist, ebenso wie Verringerung der überbordenden Bürokratie. Diese Maßnahmen müssen jetzt aber zügig auf den Weg gebracht werden, sonst kommen sie für viele Apotheken zu spät“, fordert Overwiening.
In Westfalen-Lippe ist die Zahl der Apotheken nicht nur im Jahr 2024 um 57 gesunken – von 1711 auf nur noch 1654. In den ersten Monaten des Jahres 2025 seien weitere zwölf Schließungen hinzukommen und weitere 25 angekündigt worden. Damit verbleiben aktuell nur noch 1642 Betriebsstätten, von denen 442 als Filialen geführt werden.
„Bundesweit schreibt derzeit mehr als jede vierte Apotheke rote Zahlen beziehungsweise befindet sich an der Grenze zur Wirtschaftlichkeit“, erläutert Overwiening.
In Westfalen-Lippe versorge eine Apotheke durchschnittlich 5000 Patientinnen und Patienten, vor 20 Jahren seien es noch knapp 3500 gewesen. Der wachsende Versorgungsumfang gehe mit steigenden Beschäftigtenzahlen in den Betriebsstätten einher: 16.681 Apothekerinnen und Apotheker, PTA und PKA sind laut Kammer in den westfälisch-lippischen Apotheken tätig – ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 0,3 Prozent.
„Allerdings trügen die Zahlen ein wenig, da inzwischen fast drei Fünftel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur noch in Teilzeit tätig sind“, relativiert die Kammerpräsidentin. Daher bleibe auch der Arbeitsmarkt angespannt: Auf eine stellensuchende PTA kommen demnach derzeit 15 offene Stellen, auf stellensuchende Apothekerinnen und Apotheker im Schnitt vier Angebote.
Weil nicht nur die Apotheken, sondern das gesamte Gesundheitswesen vor vielfältigen und wachsenden Herausforderungen stehe, hat die Apothekerkammer Westfalen-Lippe gemeinsam mit allen deutschen Apothekerkammern und -verbänden das Positionspapier „In eine gesunde Zukunft mit der Apotheke“ verabschiedet.
„Unser zentrales, gemeinsames Zukunftsversprechen lautet: Die Apotheken mit ihren hochqualifizierten pharmazeutischen Mitarbeitenden sind bereit, mehr Verantwortung im Gesundheitswesen zu übernehmen“, erklärt Overwiening.
Das Zukunftspapier umfasst drei Säulen: Erstens sollen Patientinnen und Patienten künftig schneller und mit weniger Bürokratie mit Arzneimitteln versorgt werden. Zweitens soll das Angebot an Prävention und Früherkennung in Apotheken ausgeweitet werden, etwa durch Impfungen oder die frühzeitige Erkennung von Gesundheitsrisiken wie erhöhten Blutzuckerwerten. „Und drittens wollen wir in den Apotheken vor Ort die Patientinnen und Patienten stärker in der Arzneimitteltherapie durch zusätzliche Beratungsleistungen unterstützen, wie zu Beginn einer Dauertherapie mit Arzneimitteln oder bei digitalen Gesundheitsangeboten wie der elektronischen Patientenakte“, so die Kammerpräsidentin.
Zudem haben die Delegierten den Haushaltsabschluss für 2024 bestätigt. Die Einnahmen der Kammer lagen demnach bei 8,71 Millionen Euro – knapp 60.000 Euro über dem Plan –, während die Ausgaben mit 8,69 Millionen Euro etwa 186.000 Euro über dem Ansatz waren. Dadurch entstand ein Überschuss von rund 22.000 Euro, der den Rücklagen zugeführt wurde.
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