Testcenter oder Wahlwerbung?

Apotheken-CDU-Testbus verliert Zulassung

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Testangebot oder Wahlwerbung? Das Gesundheitsamt hat dem Testbus von CDU-Kandidat Thomas Heilmann und der Berliner Stadt-Apotheke die Genehmigung entzogen. Erst in der vergangenen Woche hatte Gesundheitsminister Jens Spahn persönlich vorbeigeschaut.Foto: Heilmann
Berlin -

Der Corona-Testbus des CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann steht kurz nach seinem Beginn schon vor dem Aus. Das Gesundheitsamt Steglitz-Zehlendorf in Berlin hat ihm die Zertifizierung als Teststelle entzogen. Heilmanns Büro zeigt sich überrascht und wirft dem Gesundheitsamt vor, ohne rechtliche Grundlage zu handeln.

Heilmanns Testbus war von Anfang an umstritten: Dem Direktkandidaten wurde vorgeworfen, das Angebot zu nutzen, um Wahlkampf für seinen Wiedereinzug in den Bundestag zu machen. Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vergangene Woche zu einem PR-Termin vorbeikam, hat den Verdacht nicht gerade entschärft. Heilmann hingegen betonte stets, dass der Bus – den er in vergangenen Jahren unter dem Namen „Café Heilmann“ schon zu Wahlkampfzwecken nutzte – nur die Räumlichkeiten für die Teststelle biete. Abrechnung und Testbetrieb würden von der Stadt-Apotheke von Inhaberin Antje Baumgardt übernommen – er selbst verdiene keinen Cent an den Tests.

Das Gesundheitsamt scheint Heilmanns Uneigennützigkeit aber nicht ganz zu glauben. Denn am Mittwoch hat es ihm einem Bericht von T-online.de zufolge die Zertifizierung entzogen. Zur Begründung heißt es, „dass Menschen nicht durch religiöse, weltanschauliche oder politisch motivierte Gründe davon abgehalten werden, sich testen zu lassen“. Anders ausgedrückt: Die Tests sind klar als dem Unionsabgeordneten zugehörig zu erkennen.

Heilmanns Büro zeigte sich angesichts der Entscheidung überrascht und wirft dem Gesundheitsamt vor, willkürlich zu handeln. „Es verwundert uns schon“, wird Mareen Theil zitiert, die Büroleiterin des CDU-Abgeordneten. „Schließlich gibt es keinen rechtlichen Grundsatz dieser Entscheidung. Wenn der Senat eine Genehmigung zurückzieht, muss er den rechtlichen Grundsatz nennen. Das hat er nicht getan.“

Theil kritisiert eine „Ungleichbehandlung“ durch das Gesundheitsamt: Anderen Teststellen in Räumlichkeiten, die religiös, weltanschaulich oder politisch eindeutig positioniert sind, sei die Genehmigung nicht entzogen worden, schließlich gebe es in Berlin auch Teststellen in Kirchen und mindestens einer Moschee.

Das Abgeordnetenbüro werde nun in Abstimmung mit der Stadt-Apotheke erörtern, ob und wie es weitergehen kann. „Wir werden prüfen, ob es hier eine rechtliche Grundlage gibt“, so Theil.

Das Angebot sei bisher sehr gut angenommen worden. Zwischen 150 und 250 Menschen würden bisher täglich im Bus getestet. „Die Teststelle wird von vielen Stammkunden besucht, also Kunden der Apotheke, die kommen immer wieder zum Bus“, so Theil zu T-online.de. Apothekerin Antje Baumgardt ist parallel dazu noch mit mehreren weiteren Teststellen in der Hauptstadt aktiv, die sie gemeinsam mit der Firma Test2Go Deutschland betreibt. Gelistet sind aktuell 21 Standorte in Berlin und Potsdam.

Zustimmung erhält die Entscheidung des Gesundheitsamts von Heilmann Mitbewerber um das Direktmandat im Wahlkreis. SPD-Kandidat Ruppert Stüwe begrüßt die Aberkennung der Zulassung. „Die Entscheidung ist richtig“, so Stüwe. „Ich halte es für grundsätzlich für falsch, das Testangebot mit Wahlwerbung zu vermengen.“

Besonders pikant: Die Anordnung fällt mitten in eine Zeit, in der nach Berichten über fehlende Kontrolle und Abrechnungsbetrug bundesweit mehreren Testzentren die Zulassung entzogen wird. Spahn hatte die Abzocke als „Sauerei“ bezeichnet und schärfere Kontrollen angekündigt.

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