Kommentar

ABDA und Union: Pakt gegen Brüssel

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Berlin -

Als einer der letzten führenden Gesundheitspolitiker der Union hat jetzt auch Karin Maag das unhaltbare Rx-Versandverbot aufgegeben und stattdessen eine neue rote Linie gezogen: Gleichpreisigkeit. Nach dem gescheiterten Versprechen aus dem Koalitionsvertrag gehen damit die alten politischen Kampfgefährten – ABDA und Union – ein neues Risiko ein. Die Union legt sich ausgerechnet im Europa-Wahlkampf mit Brüssel an. Das kann schief gehen, kommentiert Lothar Klein.

Der Schritt war längst überfällig. Alle Hoffnungen, das lange und vielbeschworene Rx-Versandverbot doch noch irgendwie politisch umzusetzen, war längst im Reich der Wunschträume angekommen. Selbst die ABDA hatte schon vor Monaten ihre Forderung scheibchenweise preisgegeben. Ein Jahr nach der Bundestagswahl mit den vielen öffentlichen Lippenbekenntnissen von Abgeordneten der CDU und CSU pro Rx-Versandverbot war es jetzt an der Zeit, die Kehrtwende zu vollziehen.

Mit einem kleinen Seitenhieb: Die Gesundheitspolitiker der Union haben bei dieser Gelegenheit Jens Spahn seine Grenzen aufgezeigt. Ein ums andere Mal hat der ehrgeizige Gesundheitsminister seine Fraktionskollegen mit Vorschlägen überrumpelt oder übergangen. So etwas lassen sich selbstbewusste Parlamentarier auf Dauer nicht gefallen. Mit seinem Plan B ist Spahn auch deshalb in den eigenen Reihen gescheitert. Das ist ein Signal.

Der vorgeschlagene Rx-Bonus von 2,50 Euro stand allerdings von Anbeginn rechtlich auf wackeligem Boden. Nicht besser sieht es jetzt mit dem von der Union vorgeschlagenen Verbot von Rx-Boni aus. Es ist doch kein Zufall, dass die EU-Kommission rechtzeitig zum Beginn der heißen Phase der Beratungen zum Apothekenpaket die Bundesregierung an die EU-rechtlichen Auffassungen und Konsequenzen erinnert. Die Kommission will und kann nicht zulassen, dass durch einen gesetzgeberischen Verschiebebahnhof ins Sozialgesetzbuch (SGB V) die Arzneimittelpreisverordnung aus dem Brüsseler Einflussbereich entflieht. Macht so etwas in Europa Schule, würden die EU-Kompetenzen zum Spielball von Winkeladvokaten. Hier geht es ums Prinzip.

Die EU-Kommission wird sich also genau anschauen, was die Große Koalition am Ende zum Apothekenmarkt ins Gesetz schreibt. Ein Boni-Verbot passt nicht zum EuGH-Urteil und zur EU-Forderung nach Aufhebung der Preisbindung für ausländische Versender. Womöglich kommt es daher zu einer Neuauflage eines EuGH-Verfahrens – mit ungewissem Ausgang. Die EuGH-Richter könnten eine Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission kurz und bündig mit Verweis auf das vor zweieinhalb Jahren ergangene Urteil abfertigen. Damit stünde am Ende auch die AMPreisV in Deutschland zur Disposition.

Die Richter könnten sich aber auch die Mühe machen, die Realitäten neu zu bewerten: Mit der Einführung des E-Rezeptes ändern sich die Rahmenbedingungen für die Versandapotheken ab 2020. Ein wesentlicher Nachteil entfällt. Das E-Rezept ist genauso schnell in Holland wie in der Apotheke an der Ecke. Braucht es da noch Sonderregelungen zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen? Dass der Versand von Waren Zeit benötigt, gehört immanent zum Geschäftsmodell von Versendern. Niemand wird schließlich zum Versandhandel mit Arzneimitteln gezwungen.

Mit Blick auf die anstehende Europawahl birgt der Vorschlag der Union aber noch weiteren politischen Zündstoff. Mit Manfred Weber schickt die Europäische Volkspartei einen CSU-Mann als Spitzenkandidaten für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten ins Rennen, der die EU eigentlich zusammenhalten soll. Auf der andere Seite agitiert die Union zu Hause gegen die Brüsseler Vorstellungen. Das wird Webers Aussichten aus dem Stuhl des EU-Regierungschefs nicht befördern.

Dem Dilemma mit derm Rx-Versandverbot ist Spahn als Gesundheitsminister inzwischen entkommen. Mit der EU-Kommission muss er erst noch fertig werden. Das Endspiel ist jetzt eingeläutet. Demnächst ist die SPD am Zug. Das Rx-Versandverbot ist aus dem Rennen und damit die Kernforderung der SPD erfüllt. Und es gibt weniger Geld für die Apotheker als von Spahn geplant. Auch damit ist die SPD zufrieden. Fehlt nur noch ein geringfügiger Rx-Bonus als Kompromiss – das wäre SPD-Politik pur. Ein solches Ergebnis hätte die ABDA schon vor zwei Jahren haben können.

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