Kommunikation am HV-Tisch

„Es gibt keine Problemkunden“

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Berlin -

Problemkunden? Gibt es nicht! – Sagt Karsten Bleckmann von Apoversum. Gemeinsam mit Kathrin Elgas berät und schult er Apotheken zum Thema Kommunikation. Die beiden Profis wissen, wie man mit einem schwierigen Gegenüber umgeht, wie man ein heikles Thema wie Suchtverhalten anspricht und warum es manchmal besser ist, noch einmal ganz von vorne zu beginnen.

„Es gibt keine Problemkunden, sondern immer nur ein Problem in der Kommunikation“, sagt Bleckmann. „Es geht immer darum, zu erkennen, was das Gegenüber wünscht.“ Der Grundstein für ein erfolgreiches Gespräch am HV-Tisch wird schon in den ersten Sekunden gelegt. „Erstaunlicherweise sagen viele Apotheken-Mitarbeiter zur Begrüßung ‚Bitteschön‘. Das ist kein guter Einstiegssatz. Wenn ich Vertrauen aufbauen möchte, muss ich am Anfang eines Gespräches eine Brücke zum Kunden bauen.“

Er schlägt deshalb die freundliche Frage „Was kann ich für Sie tun?“ vor. Wichtig sind weiters auch Blickkontakt, ein Lächeln und die Ansprache des Kunden mit seinem Namen. Immer wieder stellt er fest, dass das so wichtige Thema Kundenkommunikation in vielen Apotheken vernachlässigt wird. „Weder im Studium der Pharmazie noch in der Ausbildung als PTA oder PKA spielt Kommunikation eine Rolle. Dabei ist es der wichtigste Punkt, den ich habe, um das Fachwissen zum Kunden zu transportieren.“

Die Anforderungen an die Beratung der Kunden werden immer komplexer: „Auf der einen Seite wirken sich gesetzliche Bestimmungen wie zum Beispiel Rabattverträge und Zuzahlungen auf das Kundengespräch aus. Auf der anderen Seite haben heute Kunden durch die Informationsbeschaffung aus dem Internet häufig ein gefährliches Halbwissen, was die Beratung ebenfalls schwierig gestalten kann.“

Der Kunde, der in Eile ist, das Gegenüber, das alles und alles besser weiß, die Kundin, die der PTA die Ohren vollquatscht – im Laufe des Tages muss ein Apothekenmitarbeiter viel aushalten. Und manchmal gehen Gespräche völlig schief, enden in einer Sackgasse und beide Seiten sind frustriert. Auch dafür hat Bleckmann einen guten Ratschlag: „Es ist nie zu spät. Offenheit in der Kommunikation ist immer der beste Weg. Wenn man sagt ‚Irgendwie ist unser Gespräch nicht so gut gelaufen, lassen Sie uns doch noch einmal neu anfangen‘ und das mit einem Lächeln verbindet, baut man eine neue Brücke auf. Kein Kunde wird da ‚Nein‘ sagen.“

In Konfliktsituationen gibt es aus Expertensicht vier Stufen: quittieren, hinterfragen, antworten und aktivieren. Stufe eins, das Quittieren, besagt, dass man dem Gesprächspartner signalisiert, dass sein Problem verstanden und angenommen hat. Beim Hinterfragen soll herausgefunden werden, welche Werte nicht erfüllt wurden. Beim Antworten, Schritt drei, wird der Konflikt gelöst. Und beim Aktivieren vergewissert sich der Apothekenmitarbeiter, dass die Situation geklärt werden konnte.

Ein schwieriges Thema in der Kundenkommunikation tritt zum Beispiel dann auf, wenn jemand sieben Packungen Nasenspray kaufen möchte. Liegt der Verdacht auf Suchtverhalten vor, solle man das unbedingt ansprechen. „Die meisten Menschen haben den Beruf in der Apotheke ja bewusst gewählt, weil sie helfen wollen. Man sollte also auf jeden Fall die Situation hinterfragen.“ So könne man zum Beispiel den Kunden so ansprechen: „Das ist aber eine ganze Menge, die sie hier kaufen. Was genau machen Sie denn damit?“

Für Suchtpatienten ist das natürlich eine unangenehme Situation, sodass es sich empfiehlt, sie am besten in den Beratungsraum zu bitten. Dort könnte man das Gespräch so weiterführen: „Wir wollen Ihnen nicht zu nahe treten, aber das kann zu Abhängigkeit führen. Und das kann dann die und die Folgen haben. Haben Sie schon einmal mit einem Arzt darüber gesprochen?“ Ist der Kunde gesprächsbereit, könnte der Apotheker ihm in der Folge ein Arztgespräch empfehlen.

Angesichts des Suchtthemas zu schweigen, wäre der falsche Weg: „Wenn ich es nicht anspreche, fühle ich mich nicht gut, weil ich weiß, dass ich etwas tun müsste. Wichtig ist, dass der Kunde nicht unter Druck gesetzt wird.“ Da könne auch der Satz „Das Problem haben viele Menschen“ beruhigend wirken.

Kommunikation ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg einer Apotheke. „Ich muss alles dafür tun, dass der Mensch in die Apotheke kommt und begeistert wieder hinausgeht. Nur dann schaffe ich es, dass er nicht online oder im nächsten Drogeriemarkt kauft.“

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