Sozialprojekte

Apotheker auf Achse

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Berlin -

Werner Henke hat ein Reiseunternehmen gegründet, das in seiner Art in Deutschland mit Sicherheit einzigartig ist: Der Apotheker aus Aschaffenburg veranstaltet Ausflüge und Kurzreisen für sozial benachteiligte Menschen. So oft es sein Terminkalender zulässt, nimmt Henke dabei selbst auf dem Fahrersitz seines hochmodernen Reisebusses Platz.

Bewohner von Seniorenheimen, Sozialhilfeempfänger, Menschen mit Behinderungen – sie alle fahren bei Henkes gemeinnützigem Reiseunternehmen „Reisen ohne Grenzen Aschaffenburg“ mit: Für den Selbstkostenpreis von neun Euro pro Tagestour schenkt der Apotheker Bedürftigen ein Stück Lebensqualität. Der letzte Ausflug führte eine Gruppe Senioren nach Limburg und Weilburg.

Die Idee zu „Reisen ohne Grenzen“ kam Henke, als er einen Bericht über einen Schweizer Herzchirurgen sah. Der hatte den OP-Saal gegen das Führerhaus eines Tanklastzuges eingetauscht. Bei Henke steht das soziale Engagement im Vordergrund: Als ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Malteser Hilfsdienst kümmert sich der Apotheker seit Jahrzehnten um die Belange bedürftiger Mitbürger. Sein gemeinnütziges Reiseunternehmen setzt dieses Engagement fort.

„In die Apotheke kommen täglich Menschen, die mir ihr Herz ausschütten“, sagt Henke. „Die Rentnerin, die mit 700 Euro im Monat auskommen muss und sich aus Scham nicht zum Sozialamt traut. Oder die alleinerziehende Mutter, die mit ihren Kindern nie in Urlaub fahren kann, weil das Geld zu knapp ist.“ Solche Erzählungen hätten ihn nachdenklich gemacht, erklärt Henke.

 

 

Die soziale Kompetenz des Apothekers und Busunternehmers fußt auf einer ausgeprägten unternehmerischen Ader, die bei Henke in der Familie liegt: Füher betrieb er gemeinsam mit seiner Frau zwei Apotheken, eine davon verkaufte Henke und ist heute bei seiner Frau angestellt. Henkes Bruder Erich ist ebenfalls Apotheker und hat gemeinsam mit Phoenix das Blister Center in Aschaffenburg gegründet.

Henke selbst verkaufte 2008 die Mehrheit an seinem Herstellbetrieb für parenterale Arzneimittel, behielt dort aber den Posten des Geschäftsführers. Mit dem Gewinn verwirklichte er sich seinen Traum – heute verbringt er bis zu zwei Tage pro Woche ehrenamtlich auf dem Fahrersitz statt hinter dem HV-Tisch. „Um eine Fahrerlaubnis zu erhalten, habe ich in zweieinhalb Monaten 58 Pflichtfahrstunden absolviert“, erklärt Henke stolz.

Diese Stunden haben sich ausgezahlt. Wenn er von seinem Bus spricht, gerät Henke ins Schwärmen: „Wir haben alles, was es an moderner Bustechnik gibt. Ein Abstandsmesser sorgt sogar dafür, dass der Bus von alleine bremst. Sicherheit hat bei uns Priorität.“ Besonders stolz ist er aber auf die Innenausstattung: „Unser Bus ist exakt dem Bus der Fußball-Nationalmannschaft nachempfunden“, erklärt Henke.

 

 

Für sein Projekt ist der Apotheker auch auf die Hilfe anderer Privatpersonen und Unternehmen angewiesen: Mercedes beteiligte sich an den Kosten des Busses, die Lufthansa steuert Fertigmenüs zum Einkaufspreis bei: „Wir haben in unserem Bus eine moderne Kücheneinrichtung, so dass wir uns selbst versorgen können“, erklärt Henke. Denn ein Besuch an Raststätten ist für viele Fahrgäste nicht drin.

Im Sommer brachte der Reisebus körperlich und geistig behinderte Kinder zum Urlaub an den bayerischen Ammersee – die bislang weiteste Tour. „Dieses Jahr fahren wir nach Rom, für nächstes Jahr ist eine Reise nach Santiago de Compostella geplant“, erzählt Henke. Den Lohn für sein Engagement erfährt Henke durch die Dankbarkeit seiner Fahrgäste: „Bei einer meiner letzten Touren haben wir eine Pause gemacht. Als ich zurück zum Fahrersitz kam, lag dort ein Buch mit dem Titel: „Busreisen machen Glücklich“.

 

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