Porträt

Von Nussbaum bis nach Dubai

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Berlin -

Rund 100 Präparate umfasst das Portfolio des Homöopathieherstellers Hevert. Zu den bekanntesten gehören Sinusitis SL und Calmvalera. Inzwischen ist das Familienunternehmen auch im Ausland vertreten, vor allem in Osteuropa – aber auch in den USA hat sich Hevert die ersten Zulassungen gesichert. Gegründet wurde die Firma 1956 vom Pharmazeuten Emil Hevert und seiner Frau Dorothea im rheinland-pfälzischen Bad Sobernheim, heute neben Nussbaum der zweite Standort des Herstellers.

Hevert hatte zuvor drei Jahrzehnte lang bei der Firma Prof. Dr. Mauch Göppingen gearbeitet und dort die Lehre des Naturheilkundlers Pastor Emanuel Felke kennengelernt. Als Leiter der Düsseldorfer Geschäftsstelle knüpfte der Pharmazeut Kontakte zu Heilpraktikern. Nach drei Jahrzehnten machte er sich zusammen mit seiner Frau selbstständig – er wollte wirtschaftlich unabhängig werden und seine Erfahrungen in die Herstellung eigener Präparate investieren.

Für seine eigene Firma „Hesopharm“ suchte Hevert homöopathische und pflanzliche Arzneimittel aus; viele der Rezepturen stammten von Felkes Schülern. Hesopharm startete mit acht Präparaten, weitere waren bei der Gründung bereits in Vorbereitung.

Nach dem Tod von Hevert 1957 führte seine Frau das Unternehmen weiter. Dabei half ihr das Netzwerk ihres Mannes – Hevert war unter anderem Vorsitzender des Felke-Dachverbands gewesen. 1963 musste das Unternehmen nach einem verlorenen Rechtsstreit seinen Namen in „Hevert Pharmazeutische Erzeugnisse“ ändern.

Bis 1972 ihr ältester Sohn Wolfgang als Herstellungsleiter in die Unternehmensleitung eintrat, führte die Witwe die Firma alleine. Nicht immer waren ihr die zahlreichen Reisen Heilpraktikern und zu Kongressen als alleinstehende Frau geheuer – sie zog häufig einen Herrenhut auf, um eventuellen Übergriffen vorzubeugen.

1976 markierte einen wichtigen Einschnitt für Hevert: Die damalige rot-gelbe Regierung verabschiedete das Arzneimittelgesetz, nach dem alle Präparate auf dem Markt einer nachträglichen Prüfung unterzogen werden müssen. Übergangsweise erhielten die Arzneimittel fiktive Zulassungen, bevor sie das Verfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchlaufen sollten.

Rund 35 Jahre später haben noch nicht alle Präparate von Hevert diese Hürde genommen. Etwa jedes vierte Präparat befindet sich noch im Nachzulassungsverfahren, in einer Musterklage zur „Vertigo Hevert Tropfen“ hat Hevert jüngst Revisionsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

Seit 2003 leitet Mathias Hevert in dritter Generation das Familienunternehmen. Der Betriebswissenschaftler kümmert sich unter anderem um die Internationalisierung, weltweit soll das Unternehmen einer der fünf größten Homöopathie-Spezialisten werden. Seit einigen Jahren sind über Vertriebspartner Hevert-Präparate in Weißrussland, Georgien und Aserbaidschan erhältlich, in diesem Jahr sollen homöopathische Komplexmittel auch in Russland, Usbekistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA eingeführt werden.

Im Inland startete Hevert 2011 eine TV-Werbung, um verstärkt Verbraucher anzusprechen. Der Spot, in dem die Schauspielerin Sandra Speichert für das hömöopathische Komplexmittel Calmvalera wirbt, wurde von Februar bis Dezember auf Sat.1 ausgestrahlt. Ob die Kampagne 2012 fortgeführt wird, ist noch offen. Derzeit schaltet der Hersteller in Frauenzeitschriften Anzeigen.

2011 setzte Hevert 16,5 Millionen Euro um (plus 6 Prozent) um. Auf Calmvalera und Sinusitis SL entfielen 5,5 Millionen Euro (plus 9 Prozent). Besonders stark legten erneut die Vitaminpräparate zu: Der Umsatz stieg um 22 Prozent auf 4,4 Millionen Euro.

Das Unternehmen beschäftigt rund 120 Mitarbeiter, je fünf im Apotheken- und Therapeutenaußendienst. Rund 90 Prozent der Arzneimittel werden in den Werken in Nussbaum und Bad Sobernheim hergestellt. Im vergangenen Jahr wurde der Standort in Nussbaum erweitert, weitere Baumaßnahmen sind geplant.

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