Mehrere verschreibungspflichtige Rezeptursubstanzen werden aktuell frei auf Ebay angeboten; so auch das Breitbandantibiotikum Chloramphenicol. Bei unsachgemäßem Gebrauch kann der Wirkstoff schwere Augenschäden verursachen, vermutlich Krebs erzeugen sowie die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Den Konzern scheint das wenig zu interessieren, denn die Verkaufszahlen sind hoch. Dem Hersteller Caesar & Loretz (Caelo) ist der betroffene Verkäufer nicht bekannt; es bestehe keine Geschäftsbeziehung.
Im Shop von „mr.blitzhygienehandelgmbh“ werden Rezeptursubstanzen wie das verschreibungspflichtige Chloramphenicol oder auch Metronidazol verkauft. Beide Antibiotika gehören in ärztliche Kontrolle und nicht in Laienhände. Vor allem Chloramphenicol ist aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen – wie der potenziell tödlichen aplastischen Anämie – nur noch begrenzt im Einsatz.
Auf Ebay wird jedoch die reine Rezeptursubstanz zu 5 und 25 Gramm im besagten Shop verkauft. „Wir bieten ein Sortiment von über 10.000 medizinischen Pflege- & Hilfsmitteln rund um die Themen Inkontinenz, Diabetes, Hygiene und Desinfektion“, bewirbt das Unternehmen seine Produktpalette. Ebenfalls im Sortiment sind etliche weitere Präparate des Herstellers Caelo, wie kiloweise Salbengrundlagen und viele weitere Rezeptursubstanzen. Der Anbieter hat mittlerweile fast 20.000 Artikel insgesamt verkauft, davon auch etliche Rx-Präparate.
In den jeweiligen Artikelbeschreibungen finden Käufer:innen nirgendwo einen Hinweis auf eine Verschreibungspflicht. Lediglich der Zustand der Artikel wird als neu und ungebraucht beschrieben. Zugänglich sind die potenziell gefährlichen Substanzen für jedermann. Dabei heißt es im Sicherheitsdatenblatt des Herstellers: „Bei der Verarbeitung sind Schutzhandschuhe sowie Augenschutz zu tragen.“
Der Vertrieb von verschreibungspflichtigen Wirk- und Hilfsstoffen durch die Firma „Mr.Blitz HygienehandelGmbH“ sei Caelo nicht bekannt, heißt es auf Nachfrage. „Nach aktuellen Informationen bietet die Firma mit Sitz in Erkelenz über Ebay unter anderem verschreibungspflichtige Wirk- und Hilfsstoffe an, die unter dem Namen der Firma Caelo geführt werden. Wir bestätigen hiermit, dass uns die genannte Firma nicht bekannt ist und keine Geschäftsbeziehungen bestehen und bestanden“, so Caelo. Mehr noch: „Die Herkunft der angebotenen Substanzen ist somit unklar.“
Man weise zudem ausdrücklich darauf hin, dass „Wirkstoffe gemäß §43 Arzneimittelgesetz (AMG) beziehungsweise Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) ausschließlich über Apotheken in Form eines in der Apotheke hergestellten Rezeptur- oder Defekturarzneimittels (ApBetrO §§ 7 und 8; AMG §21 Absatz 2, Nr.1) oder eines Fertigarzneimittels an Endverbraucher abgegeben werden dürfen.“ Und weiter: „Die Ausgangsstoffe (Wirk- und Hilfsstoffe) von Caelo sind keine Fertigarzneimittel und nicht zur direkten Abgabe an Endverbraucher geeignet.“
Der Vertrieb solcher Substanzen durch nicht autorisierte Händler stellt laut Caelo einen möglichen Verstoß gegen geltendes Arzneimittelrecht dar. „Das kann sowohl für Anbieter als auch Endverbraucher erhebliche rechtliche und gesundheitliche Risiken bergen.“
Nach der Anfrage habe man bereits reagiert: So sei „zum Schutz der Verbraucher sowie der Integrität des Arzneimittelmarktes, die Bezirksregierung Köln bereits involviert und in enger Absprache mit Caelo“. Ziel sei es, „diesen Sachverhalt (insbesondere Arzneimittelüberwachung, Bezirksregierung) eingehend zu prüfen und gegebenenfalls ordnungs- beziehungsweise strafrechtliche Maßnahmen einleiten zu lassen“, so der Hersteller.