Kasse empfiehlt ab Dezember DocMorris-Tochter

Teleclinic & TK: „Story für DocMorris-Aktionäre“

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Berlin -

Die Techniker Krankenkasse (TK) kooperiert künftig mit der DocMorris-Tochter für Telemedizin, Teleclinic. Ab Dezember können TK-Versicherte damit hier ihre Videosprechstunden in Anspruch nehmen. Die natürliche Nähe zur Versandapotheken-Schwester stößt bei der Apothekerschaft sauer auf. Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) und ihr externer Justiziar Dr. Morton Douglas schlagen Alarm.

Viele kleinere und größere gesetzliche und private Krankenkassen sind bereits Partner von Teleclinic. Nun geht also auch die TK diesen Schritt. Douglas bezog daraufhin deutliche Stellung: „Grundsätzlich erachten wir diese Form der Kooperation als äußerst bedenklich und vom deutschen Recht nicht gewollt. Aus gutem Grund gibt es in Deutschland den Grundsatz der strikten Trennung zwischen Arzt und Apotheke“, so Douglas. Dabei sei die Unabhängigkeit die Grundlage für das Vertrauen der Patient:innen.

So dürften Apotheker:innen beispielsweise keine medizinischen Versorgungszentren (MVZ) betreiben, Ärzt:innen aber schon. „Warum es dann möglich sein soll, dass eine Plattform für Ärzte durch eine Gesellschaft betrieben wird, die zugleich eine Apotheke betreibt, erschließt sich uns nicht“, so Douglas im Auftrag der Kammer. Er sieht hier eindeutig Grenzen überschritten. „Dies gilt umso mehr, als es sich nicht um theoretische Risiken handelt, sondern in den durch uns geführten Verfahren auch positiv nachgewiesen werden konnte, dass hier unerlaubte Zuweisungen erfolgen.“

Kein Vorteil für Versicherte

Dass die TK als eine der größten deutschen gesetzlichen Krankenkassen nun diesen Weg geht, „erschließt sich uns nicht“. Auch für die TK-Versicherten gibt es aus Mortons Sicht damit keine Verbesserungen. Schließlich hätten Patient:innen eine freie Apothekenwahl und freies Wahlrecht bei telemedizinischen Dienstleistungen. „Sobald jedoch von Kooperationen gesprochen wird, schwingt hier häufig die Erwartungshaltung oder der Erwartungsdruck auf den Versicherten mit, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, wodurch letztlich Einfluss auf die freie Wahl der Leistungserbringer ausgeübt wird“, gibt Douglas zu bedenken.

Zudem mahnt Douglas, dass derzeit viele der Dienstleistungen auf dem Markt der Telemedizin-Anbieter „nur in Ausnahmefällen interessengerecht“ seien. Fachliche Standards fehlten, hierauf hätten die Versicherten aber durchaus Anspruch. „Hier wird versucht, unter dem Deckmantel einer innovativen Kooperation möglicherweise den Versicherten Leistungen schmackhaft zu machen, die unter den anerkannten fachlichen Standards liegen und wahrscheinlich dann auch für den Kostenträger günstiger sind. Zumindest besteht dieses Risiko“, so Douglas.

DocMorris’ Interessen im Vordergrund

Statt der Patienteninteressen sieht der Justiziar hier ganz andere Beweggründe: „Aus unserer Sicht geht es hier nicht um Versicherte, sondern man versucht den Aktionären von DocMorris eine Story zu verkaufen, um sie bei der Stange zu halten.“ Das sei auch aus den letzten Zahlen von DocMorris zu lesen, Teleclinic konnte deutlich zulegen, während andere Bereiche Einbußen vorwiesen. Eine mögliche Quersubventionierung sei hier nahliegend, so Douglas.

Dass direkt über Teleclinic ausgestellte Rezepte bei DocMorris eingelöst werden sollen, liegt für Douglas auf der Hand, zumal die AKNR genau hierzu bereits ein Verfahren laufen hat. Das in diesem Jahr flächendeckend eingeführte E-Rezept verstärke das Problem. „Immer wieder wird festgestellt, dass den Nutzern im Internet Erklärungen untergeschoben werden und ihnen gar nicht bewusst wird, welche Konsequenzen dies für sie hat“, meint Douglas.

Wettbewerbsrechtliche Bedenken

Aus seiner Sicht und aus Sicht der Kammer bestünden damit begründete „erhebliche Bedenken wettbewerbsrechtlicher Art“, da sich die TK als Krankenkasse an ihr Neutralitätsgebot halten müsste. Bestimmte Leistungserbringer zu empfehlen oder anderweitig zu bevorzugen, sei hier verboten. „Gegen dieses Neutralitätsgebot wird unserer Auffassung nach verstoßen. Allerdings muss dies durch die Ärzteschaft geahndet werden; die Apothekerkammern sind hierfür nicht zuständig“, ordnet Douglas ein.

Ursprünglich hatte die „Welt“ vom Deal zwischen der TK und Teleclinic erfahren und bei der AKNR angefragt. Die AKNR hat währenddessen im Mai vor dem Landgericht München bezüglich der beanstandeten Patientenzuführung Recht bekommen; das Urteil ist hier nicht rechtskräftig, die Patientenzuführung laufe nach wie vor. Auch in weiteren Verfahren gingen die Kammer und Douglas bereits gegen die Versenderpraktiken vor.

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