Warentest

Vitamine auf dem Prüfstand

, Uhr
Berlin -

Vitamine sind notwendig für die Erhaltung von physiologischen Funktionen, doch eine übermäßige Zufuhr über Kapseln und Tabletten kann schädlich für den Körper sein. Stiftung Warentest hat 35 Vitamin-Präparate aus verschiedenen Bezugsquellen in Bezug auf die Dosierungen genauer unter die Lupe genommen: Bei zehn Produkten wurde die empfohlene Höchstmenge drastisch überschritten. 

Warentest untersuchte für das aktuelle Magazin Präparate aus Apotheken, Drogerien, Reformhäusern und Supermärkten. Außerdem wurden zehn Produkte bei Amazon bestellt. Analysiert wurden wasser- und fettlösliche Vitamine in Form von Mono-, Komplex- oder Multivitaminpräparaten in verschiedenen Darreichungsformen wie Tabletten, Brausetabletten, Kapseln sowie Pulver zum Auflösen.

Es fiel auf, dass die Dosierung bei allen Nahrungsergänzungsmitteln, die von Amazon bezogen wurden, vielfach über die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfohlene Höchstmenge hinausging. Beispielsweise ist das Vitamin-A-Präparat von Fairvital um das 19-fache, das Vitamin-K-Präparat von Life Extension sogar um das 34-fache überdosiert. Eine vierfache Menge fand Warentest bei dem Vitamin-C-Präparat Vitasyg, was ebenfalls im Internet bestellt wurde.

Auch bei den Kapseln mit Vitamin E fällt der Anbieter negativ auf: Produkte von AllinOne und Vitasyg zeigen eine 18-fache Menge an der empfohlenen Menge der antioxidativ wirkenden Substanz. Die empfohlene Tagesdosis beträgt für gesunde Erwachsene 11 bis 15 mg. Da der Stoff fettlöslich ist, kann er im Körper akkumulieren und Schäden hervorrufen. Beispielsweise ist bei hohen Dosen des zugeführten Vitamins eine Blutgerinnungsstörung wahrscheinlich.

Fünf Produkte aus Drogerien und Reformhäusern weisen pro Kapsel eine Dosis von rund 270 bis 400 mg Vitamin E auf. Sie sind als freiverkäufliche Arzneimittel deklariert und „eingereiht zwischen Nahrungsergänzungsmitteln, wo sie nicht groß auffielen“, so Warentest. Die empfohlene Höchstmenge des BfR gelte hier zwar nicht, dennoch werden die Packungsaufschriften kritisch hinterfragt: Die Kapseln sollen der „Leistungsfähigkeit“ oder „Leistungssteigerung“ dienen. Bei zwei Gebrauchsinformationen wurde der Hinweis gefunden, dass die Mittel „unbegrenzt“ eingenommen werden könnten.

Vitamin C, auch unter Ascorbinsäure bekannt, ist unter anderem am Aufbau des Bindesgewebes beteiligt und hat antioxidative Wirkungen. Erwachsene brauchen täglich etwa 100 mg der Substanz, Raucher und Schwangere haben einen erhöhten Bedarf. Für Präparate wird eine tägliche Menge von 225 mg empfohlen. Fünf von sieben der untersuchten Mittel sind deutlich höher dosiert, darunter beispielsweise die Produkte von Abtei, Doppelherz und Taxofit. Eine Überdosierung kann zu Verdauungsstörungen und insbesondere bei Männern zu Nierensteinen führen. Positiv fallen die untersuchten Multivitamin-Präparate auf: Alle halten die empfohlenen Höchstmengen ein.

Etwa ein Drittel der Deutschen schlucken einer im Auftrag der Verbraucherzentrale durchgeführten Forsa-Umfrage zufolge Nahrungsergänzungsmittel. 38 Prozent der Umfrageteilnehmer haben im vergangenen Jahr angegeben, eher schlecht oder sehr schlecht über Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln informiert worden zu sein. Da es derzeit kein Gesetz gibt, die die Höchstmengen der Vitamindosis in Nahrungsergänzungsmitteln festlegt, besteht häufig die Gefahr einer Überdosis bei einer Aufnahme der Substanzen zusätzlich zur Nahrung. Damit steigt das Risiko von Nebenwirkungen. Beispielsweise fanden Wissenschaftler kürzlich heraus, dass eine Langzeiteinnahme von B-Vitaminen mit einem erhöhten Lungenkrebsrisiko bei Männern korreliert.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Streit um Desinfektionsmittel
„Hautfreundlich“: BGH gegen dm-Werbung
Mehr aus Ressort
Investmentgesellschaft will einsteigen
Sanofis OTC-Sparte: Partner statt Käufer
Vierseitiger Shop-Apotheke-Flyer
Apotheker: „Jauch gibt uns den Rest“
Massenklage wegen Krebsrisiko
GSK: Milliardenzahlung wegen Zantac

APOTHEKE ADHOC Debatte