Weiterentwicklung des Berufsbildes

Simons: „Auch eine Dorfapotheke kann innovativ sein“

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Berlin -

Innovativ und disruptiv sollen sie sein, die Vor-Ort-Apotheken – das wird ihnen von allen Seiten angetragen. Aber wie kann man das als kleiner, inhabergeführter Betrieb umsetzen? Dr. Sven Simons kennt diese Fragestellung nur zu gut. Der Fachapotheker für Arzneimittelinformation ist Chief Client Officer von Noventi und appelliert an die Vor-Ort-Apotheken, ihre Scheuklappen abzulegen. Bei der Digitalkonferenz VISION.A von APOTHEKE ADHOC, powered by Noventi, erklärt er, worauf es dabei ankommt. Tickets gibt es hier.

Eines will Simons gleich klarstellen: Vom ewigen Apothekenbashing und der Kritik, die Branche wolle nur ihren Besitzstand wahren, aber sich nicht selbst weiterentwickeln, hält er nichts. „Was mir wichtig ist: Es ist nicht so, dass die Vor-Ort-Apotheke die letzten Jahre auf dem Baum geschlafen hätte. Apotheken sind seit Jahrzehnten Vorreiter bei der Digitalisierung von Arbeitsabläufen“, erklärt er. „Auch wenn es in deutschen Apotheken noch sehr viele Faxgeräte gibt, sind die Vertriebswege bereits hochgradig digitalisiert.“

Sich bisher nicht verweigert zu haben, senkt trotzdem nicht den Innovationsdruck, dem die Betriebe ausgesetzt sind. Und sie müssen sich etwas einfallen lassen, um nicht wie manch andere Einzelhandelsbranchen weggefegt zu werden. „Durch die rasanten Entwicklungen um uns herum ist auch die Apotheke vor Ort angehalten, Schritt zu halten.“ Dass manche Vorstellungen dabei übertrieben sind, ist sich Simons bewusst. „Ich bin kein Traumtänzer aus dem Elfenbeinturm, die Hälfte meiner Familie lebt selbst von öffentlicher Apotheke“, sagt er. „Dass es bei Innovationen und neuen Dienstleistungen dann auch um die Frage gehen muss, wer das am Ende bezahlen soll – das muss natürlich immer mitberücksichtigt werden.“

Wie meist im Leben ist es dabei der vernünftige Mittelweg, der zum Erfolg führt. Deshalb dürfe auch nicht jede neue Idee sofort schlechtgeredet werden: „Wir haben es ja gerade beim Kollegen Dirk Vongehr aus Köln erlebt: Er versucht etwas Neues und ist dann zu großen Teilen kritischen Kommentaren aus der Kollegenschaft ausgesetzt. Aber er versucht wenigstens etwas!“, würdigt Simons seinen ehemaligen MVDA-Kollegen. „Die Apotheker sollten keine Angst davor haben, dass der Botendienst weiter standardisiert wird und von der Politik stringenter definiert wird. Er kann im Wettbewerb ein scharfes Schwert für die vor Ort Apotheke sein.“ Doch ob mit oder ohne Botendienst – wohin soll die Reise denn nun gehen?

„Es wird immer um Gesundheit gehen in der Apotheke, aber es sollte sich nicht ausschließlich immer nur um die Abgabe der richtigen Packung an den richtigen Patienten drehen“, sagt Simons. Soll heißen: Apotheken müssen sich Gedanken machen, wie sie mit neuen Angeboten einen Mehrwert schaffen, den die Online-Konkurrenz bestenfalls nicht leisten kann – und sie die Kundschaft an sich binden. Zwar seien Logistik und Versorgung die Kernkompetenzen der Apotheke, doch das Thema Logistik sei nicht das Feld ist, auf das sich die Apotheke ausschließlich konzentrieren sollte. „Apotheken müssen darüber hinausgehen und neue Dienstleistungen entwickeln“, sagt Simons. „Momentan passiert in Apotheken viel, das zwar innovativ ist, aber eigentlich meistens eine Abwandlung des Kerngeschäfts darstellt. Echte Innovation darf natürlich auch gerne darüber hinaus stattfinden.“

Simons sieht Innovationsmöglichkeiten insbesondere in zwei Bereichen: Spezialisierung und Dienstleistungen. „Es gibt ja jetzt schon viele Kollegen, die sich da klar positionieren und Spezialisten bei Themen wie beispielsweise Cannabis, Reisemedizin oder Wundversorgung sind.“ Diesen Pfad gelte es weiter zu beschreiten, um sich mit fachlich hochqualifizierter Beratung für die Kundschaft unentbehrlich zu machen. Dabei müssen Spezialisierung, Beratung und Dienstleistungen Hand in Hand gehen. „Das Netzwerk, die Lotsenfunktion, stärkeres interdisziplinäre Arbeiten, pharmazeutische Dienstleistungen – in diesen Bereichen haben Apotheken in Zukunft noch viel Potential.“

Viele Inhaber fühlen sich indes von dem Gedanken abgeschreckt, dass vor allem der urbane Raum hinsichtlich Vernetzung und schierer Kundenfrequenz die Möglichkeiten bietet, sich neu auszuprobieren. Diese Auffassung teilt Simons allerdings nicht. „Man kann auch vor Ort im kleinen Dorf innovativ tätig werden, beispielsweise im Netzwerk mit lokalen Partnern im Rahmen von Dienstleistungen. Und warum nicht auch beispielsweise den Notdienst als Touchpoint für erlebbaren pharmazeutischen Mehrwert nutzen?“ Und dazu müsse man auch nicht zu viel Geld in die Hand nehmen: So seien beispielsweise 24-Stunden-Abholfächer für ein zusätzliches kundenorientiertes Serviceangebot schon mit einem überschaubaren Investment möglich, betont er. Und das könne sich rentieren, denn das Ziel steht: „Apotheken müssen in der Lage sein, bei der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems aktiv mitspielen zu können. Da wollen wir auch als Noventi helfen. Wir sorgen dafür, dass die Apotheke vor Ort da im Mittelpunkt steht.“

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