Pharmakonzerne

Reckitt-Pharma wird Indivior

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Berlin -

Der britische Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser (RB) hat mit der Abspaltung seines Pharmageschäfts begonnen. Je Anteilschein bekommen die Aktionäre ein Papier des neuen Unternehmens Indivior. Die neuen Aktien sollen am 23. Dezember erstmals gehandelt werden. In Deutschland ziehen die OTC-Manager derweil um.

Zuvor hatte bereits die Financial Times (FT) über den Schritt berichtet. Demnach bewerten Analysten das Geschäft mit 2 bis 2,5 Milliarden Pfund, das sind 2,5 bis 3,1 Milliarden Euro. Unklar ist noch, wie viele RB-Investoren überhaupt Aktionäre eines eigenständigen Pharmabereichs sein wollen. Denn die Sparte, die 80 Prozent ihres Geschäfts in den USA macht, kämpft mit kräftigen Umsatz- und Gewinnrückgängen.

RB Pharmaceuticals hat seinen Sitz im US-Bundesstaat Virginia und macht fast seinen gesamten Umsatz mit Produkten zur Behandlung Heroin- und Opioid-Abhängiger. Die Sparte macht nur einen kleinen Teil von RB aus – 10 Prozent des Umsatzes von weltweit zuletzt rund 10 Milliarden Pfund entfielen auf Arzneimittel.

Die Verkaufszahlen der 1978 eingeführten Markenprodukte Subutex, Suboxone und Temgesic (Buprenorphin) zur Behandlung der Abhängigkeit von Heroin- und Opioid-Schmerzmitteln sind rückläufig. Derzeit arbeitet der Konzern an weiteren Rx-Medikamenten, beispielsweise einem Risperidon-Präparat. Außerdem hat sich der Hersteller die Exklusivrechte für den Wirkstoff Arbaclofenplacarbil zur Behandlung von Alkoholismus sowie für ein Naloxon-Nasenspray zur Anwendung gegen eine Opiat-Überdosierung gesichert.

Vor einem Jahr war eine „strategische Überprüfung“ der Sparte angekündigt worden. Konzernchef Rakesh Kapoor will, dass sich RB in Zukunft auf sein Kerngeschäft mit Haushaltsprodukten und frei verkäuflichen Medikamenten konzentriert. RB ist für Marken wie Calgon, Clearasil, Dobendan, Durex, Gaviscon, Kukident, Nurofen, Scholl und Veet bekannt.

Den Vertrieb seiner OTC-Produkte in deutschen Apotheken hatte der Konzern im Mai in die eigene Hand genommen. Davor war Klosterfrau seit 1998 Vertriebspartner gewesen. Mit der neuen Struktur übernahm das Team von Michael Braig auch den Sell-in der insgesamt neun Marken. Dazu wurden rund 10 Stellen geschaffen und die Vertriebsgebiete verkleinert. Aktuell zieht die Zentrale von Mannheim ins benachbarte Heidelberg.

RB entstand 1999 durch den Zusammenschluss des deutschen Calgon-Hersteller Benckiser und des britischen Mischkonzerns Reckitt & Colman. Die Wurzeln beider Unternehmen reichen weit ins 19. Jahrhundert zurück: Reckitt war ursprünglich ein Mühlenbetrieb in England, Benckiser startete als Chemiefabrik in Ludwigshafen.

1958 schloss sich Reckitt mit der schottischen Entwicklungsfirma McFarlin Smith zusammen, um gemeinsam OTC-Analgetika auf den Markt zu bringen. Doch stattdessen wurde 1965 zufällig Gaviscon entdeckt; noch heute hat der damalige Mutterkonzern GlaxoSmithKline in den USA die Vertriebsrechte für das Antacidum.

Noch heute sind die Nachkommen des deutschen Firmengründers mit 11 Prozent der Anteile größter Aktionär bei RB: Die Familie Reimann aus Mannheim rangiert mit einem geschätzten Vermögen von elf Milliarden Euro auf Platz vier in einer Liste der Superreichen.

Zu den Beteiligungen der Familie gehören außerdem der Dufthersteller Coty, der Kaffeeröster Master Blenders (Senseo), der Markenhersteller Labelux und die Fastfoodkette Burger King.

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