OTC-Werbung

Mensch schlägt Maskottchen

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Berlin -

Winterzeit ist Erkältungszeit: Im Fernsehen werben die OTC-Hersteller um die Gunst der Kunden, teilweise schließen die Spots nahtlos aneinander an. Die Marktforschungsfirma Media Analyzer hat zwölf Kampagnen für Erkältungsmittel untersucht und ihren Effekt auf die Zuschauer in fünf Disziplin getestet. Fazit: Menschen sind besser als animierte Werbefiguren, Stories besser als Erklärungen.

Media Analyzer hatte im Dezember 311 Personen eingeladen, um ihre Meinung zu verschiedenen TV-Spots abzugeben. Aufgezeichnet wurde, welche Emotionen die Clips bei den Teilnehmern auslösten („EmotionTracking“). Außerdem wurden Auffälligkeit, Branding, Kognition und Aktivierung überprüft. Für die abschließende Bewertung war ein Gesamtscore entscheidend, in den die einzelnen Disziplinen einbezogen wurden.

Den größten Erfolg erzielten die Erkältungsspots von Wick (Procter & Gamble). Die DayMed-Kampagne „Mütter nehmen sich nicht frei“ erreichte mit 73 Prozent die höchste Gesamtbewertung. Hier überzeugten vor allem Emotionalität und Auffälligkeit. Auf Platz 2 folgt Wick Medinait – ein Spot,d er eine einfache Lösung präsentiert und daher laut Studienautor Andreas Böttcher vor allem Männer anspricht. Wick Vaporub landete auf Rang 3; die Kampagne belegte den Spitzenplatz bei Kognition und Aktivierung. Bemerkenswert sei, dass es Wick in allen drei Spots gelinge, in jeweils nur 15 Sekunden eine wirkungsvolle Geschichte zu erzählen, so Böttcher.

Im Mittelfeld bewegen sich Bronchicum (Klosterfrau), Dobendan (Reckitt Benckiser) und XyloDuo (Ratiopharm). Der Spot des Generikakonzerns ist zwar bieder, profitiert aber von den bekannten Zwillingen: Entsprechend gab es Platz 1 für das beste Branding. Auch Aspirin Complex (Bayer), Olytabs (Johnson & Johnson) und BoxaGrippal (Sanofi) landeten im Mittelfeld. Die drei letzten Plätze belegen Meditonsin (Medice), Locastad (Stada) und Dolormin (J&J).

Laut Böttcher sind Werbespots im Vergleich zu Anzeigen und Plakaten ein hoch emotionales Medium. Das Zusammenspiel aus Bilderwelten, Musik und Text sowie witzigen oder ergreifenden Stories löse bei Zuschauern Gefühle aus und bleibe in Erinnerung. „Damit Spot und Absender-Marke nachhaltig im Gedächtnis bleiben, muss dieses emotionale Potenzial jedoch auch ausgeschöpft werden.“ Monotone Spots, die keine größeren Gefühlsveränderungen auslösten, führten dazu, dass das Gehirn rasch abschalte.

Die erfolgreichsten Spots folgen dem Wirtschaftspsychologen zufolge dem allgemeinen Schema „Erkrankung – Medikament – Genesung“. Am Ende werde der persönliche Nutzen sichtbar. Je emotionsreicher die Spots seien, desto mehr Probanden würden erreicht. Allerdings sei wichtig, dass der Funke auch überspringe. Gelungene Beispiele seien Wick und Bronchicum. Die Spots für Aspirin Complex, Meditonsin und XyloDuo bleiben dem Marktforscher zufolge deutlich unter dem Benchmark.

Die Animationsfiguren bei Dobendan, BoxaGrippal und Olytabs stellten die Erkältungssymptome auf niedliche und witzige Art dar. Ein Vorteil bei diesem Ansatz, dass die negativen Assoziationen begrenzt würden und die Wirkung daher sehr konkret und verständlich kommuniziert werden könnten. Entsprechend erzielen die Spots überdurchschnittlich hohe Scores im kognitiven Bereich. Was fehle, sei eine Szene, in der der persönliche Nutzen vorstellbar werde. „Einfach nur lächelnde Darsteller zu zeigen, reicht im Vergleich zu den besten Spots nicht aus.“

Den Zuschauer mit rationalen Argumenten vom Produkt zu überzeugen, ist laut Böttcher schwierig: „Die Verbraucher wollen sich in die Situation hinein versetzen.“ Die Spots für Locastad und Dolormin seien „extrem unauffällig“, da sie keine emotionalen Trigger-Szenen enthielten, von denen die Zuschauer am Fernseher angesprochen würden. Wenn der emotionale Faktor vernachlässigt werde, habe der Spot kaum Chancen, die volle Werbewirkung zu entfalten. „Auch wenn es im OTC-Bereich sehr wichtig ist, die Wirkung der Präparate möglichst verständlich und glaubwürdig anhand von Fakten zu kommunizieren, beweisen die anderen Spots, dass es mit Emotionen doch besser funktioniert.“

Laut Böttcher gibt es bei der Wahrnehmung zwischen Männern und Frauen kaum Unterschiede. Der Name des Arzneimittels spielt für 85 Prozent der Befragten bei der Kaufentscheidung keine Rolle, viel wichtiger ist ihnen der schnelle Wirkeintritt und dass das Präparat möglichst keine Nebenwirkungen verursacht. Eine eingängige Marke ist laut Böttcher trotzdem das A und O: XyloDuo könne sich kein Verbraucher merken, bei Medinait sei klar, dass es um „Medizin für die Nacht“ gehe. „Je prägnanter der Name, desto besser.“

Media Analyzer will die Studie demnächst zu anderen Indikationen durchführen, Schmerzmittel könnten laut Böttcher ein spannendes Thema sein.

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