Die Drogeriekette dm will mit einer Versandapotheke in Tschechien in den OTC-Handel einsteigen, mittlerweile werden immer mehr Details dazu bekannt. Doch das Konzept hat einige gravierende rechtliche Schwachstellen, warnt Rechtsanwältin Christiane Köber von der Kanzlei Danckelmann und Kerst aus Frankfurt.
Köber, die bis Herbst noch Geschäftsführerin bei der Wettbewerbszentrale war, hat sich die Pläne von dm – soweit bekannt – angeschaut und auf die rechtliche Zulässigkeit überprüft. Auch wenn ihre Einschätzung unter Vorbehalt steht, weil man ja nicht wisse, wie die konkrete Ausgestaltung aussieht, fällt ihre Analyse ernüchternd aus: „Es hört sich so an, als wolle man digital umsetzen, was analog verboten wäre, nämlich die Abgabe von Arzneimitteln in dm-Filialen.“
Zunächst stellt sich laut Köber die Frage, wie dm gewährleisten wolle, im eigenen Webshop das Drogerie- vom Apothekensortiment zu trennen. „Es muss meines Erachtens sehr deutlich gemacht werden, dass es sich um einen Drittanbieter handelt.“ Dies könnte sich schon deswegen als schwierig erweisen, weil der Name „dm-Apotheke“ auf eine bewusste Unschärfe angelegt ist; laut Konzeptpapier soll „Non-Rx vollintegriert in den dm-Produktkatalog“ werden. Aber hier könnte der Konzern eine Lösung finden. „Das wird sich letztlich aber machen lassen“, so Köber.
Selbst wenn der Unterschied aber ausreichend gekennzeichnet würde, so stellen sich laut Köber noch andere Fragen. Beim Versand – und daher auch die Wahl des Standorts in Tschechien – soll es nämlich gar keine Unterscheidung geben: „Drogerie- und Non-Rx-Produkte werden aus ökologischen und ökonomischen Gründen gebündelt“, so der Konzern.
„Wenn tatsächlich dm- und Apothekenprodukte gebündelt abgegeben würden, so läge möglicherweise keine Medikamentenabgabein der Apotheke vor.“ Köber verweist auf § 43 Arzneimittelgesetz (AMG). „Denn die Apotheke muss letztlich die Kontrolle über die von ihr abgegebenen Arzneimittel haben; dem widerspräche es, wenn beispielsweise dm den Verpackungsvorgang übernähme.“
Je nach Gestaltung könnte auch eine unzulässige Zuweisung nach § 11 Apothekengesetz (ApoG) vorliegen. „Denn wahrscheinlich sammelt ein Dritter, nämlich dm, Rezepte für eine Apotheke.“
Nach § 8 Satz 2 ApoG darf die Vergütung auch für Plattformdienstleistungen nicht an Umsatz oder Gewinn der Apotheke ausgerichtet sein. „Wir wissen derzeit nicht, ob die Versandapotheke etwas – und wie viel – an dm zahlen muss.“
Und dann hat das Konzept eine weitere fundamentale Schwachstelle. dm will nämlich zunächst mit einem ausgewählten Sortiment starten: Gemeinsam mit einer Unternehmensberatung wurden 2500 OTC-Medikamente und 1500 Kosmetikartikel identifiziert, die zum Start in den Webshop aufgenommen werden sollen.
§ 10 ApoG verbiete dem Erlaubnisinhaber aber, sich zu verpflichten, bestimmte Arzneimittel bevorzugt abzugeben oder auf das Angebot bestimmter Hersteller zu beschränken, so Köber. „Die ‚dm-Apotheke‘ kann deshalb zum Beispiel die Produkte nicht auf die Hersteller beschränken, von denen dm die Ware bekommt.“
So oder so: Das Konzept, für das sich dm seit Weihnachten in der Wirtschaftspresse feiern lässt, hat wohl einige rechtliche Schwachstellen. Der Konzern wird an der einen oder anderen Stelle nachbessern müssen.