Interview Dr. Michael P. Kuck (Noweda) und Simon Bücher (iA.de)

„Die Marke, die zählt, ist die Vor-Ort Apotheke“

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Berlin -

Der Umsatz mit E-Rezepten zieht an. Damit ist für Apotheken ein digitales Angebot für ihre Kunden obligatorisch; ein Anbieter ist IhreApotheken.de (iA.de). Noweda-Chef Dr. Michael Kuck und iA.de-Geschäftsführer Simon Bücher sprechen im Interview über neue Wettbewerber, KI-gestützte Assistenzsysteme und die wachsende Bedeutung der Apotheke als Gesundheitsversorger.

ADHOC: 2019 sind Sie mit IA.de als digitale Lösung für die Arzneimittelbestellung in den Vor-Ort-Apotheken gestartet. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung?
KUCK: Wir sind sehr zufrieden. Unser Ziel ist nach wie vor, die Apotheken in ihrer Funktion als niedrigschwellige Gesundheitszentren und beim Ausbau ihrer Angebote zu unterstützen und zu stärken. Das tun wir, indem wir wichtige digitale Services zur Verfügung stellen, die den aktuellen Anforderungen, zum Beispiel beim E-Rezept, gerecht werden.

ADHOC: Das Angebot wird aber erst im Wettbewerb mit anderen Anbietern auf den Prüfstand gestellt werden.
KUCK: Natürlich. Sich digital stark aufzustellen, bedeutet auch, diese Position gegen Konkurrenz aus dem Netz zu verteidigen. Gerade vor dem Hintergrund der Kapital- und Marketingpotenz dieser Player ist es unser klares Ziel, die einzelne Apotheke in die Lage zu versetzen, im Wettbewerb um das E-Rezept auf Augenhöhe zu agieren und den dynamischen Kundenanforderungen gerecht zu werden. Die kontinuierlich steigenden Bestellzahlen über iA.de geben uns Rückenwind: Wir erwarten im laufenden Jahr einen Umsatz bei E-Rezepten von mehr als 300 Millionen Euro.

ADHOC: Welche Bedeutung haben Komplettangebote für die einzelne Apotheke?
BÜCHER: Einer der wichtigsten Schritte war die Entwicklung der apothekenindividuellen Websites und Apps, die sämtliche Angebote der zentralen iA-Webseite und App enthalten, gleichzeitig aber die individuelle Marke der einzelnen Apotheke in den Vordergrund stellen. Wir waren 2019 mit iA.de Pioniere auf dem Markt, und das sind wir auch heute noch. Denn wir entwickeln die digitalen Angebote für die Apotheken und damit für deren Kunden kontinuierlich weiter.

ADHOC: Aber was kann die Apotheke tun, um mit dem E-Rezept auch die Kundenbindung auszubauen?
BÜCHER: Unser Fokus liegt auf der maximalen Endkundenzentrierung. Allerdings sind wir der Meinung, dass die Systeme dafür auch möglichst einfach für die Apotheken nutz- und umsetzbar sein müssen. Natürlich kann man mit der App das E-Rezept einlösen und Medikamente bestellen, aber es gibt zum Beispiel auch einen Medikationsplaner.

Wir wollen die App künftig noch stärker für die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) und weitere Services nutzen und arbeiten deshalb mit zahlreichen Partnern zusammen. Unser Ziel ist, die Interaktion der Apotheke mit den Kunden zu stärken, indem wir dafür sorgen, dass die Kunden auf möglichst vielen digitalen Wegen direkt in die Apotheke gelenkt werden. Das tun wir nicht zuletzt dadurch, dass wir die Leistungen der Apotheken digital und damit niederschwellig erreichbar machen.

ADHOC: Laufen Sie nicht Gefahr, den Bekanntheitsgrad von iA.de nicht voll auszuschöpfen, wenn Sie apothekenindividuelle Apps und Websites anbieten?
BÜCHER: Der Bekanntheitsgrad von iA.de ist wichtig, keine Frage. Deshalb haben wir in den letzten Jahren intensiv am Aufbau der Marke gearbeitet und werden den Bekanntheitsgrad weiter steigern. Unser Ansatz geht aber noch deutlich weiter. Die Leistungen der Apotheken sollen eben nicht nur national und zentral angeboten werden. Das ist zwar wichtig, um Augenhöhe zu den großen Wettbewerbern wie den industriellen Versendern in Holland herzustellen.

Wir wollen aber gleichzeitig sicherstellen, dass vor allem die individuelle Marke der Apotheke, die für das Vertrauen von Patienten und Kunden der entscheidende Faktor ist, immer im Vordergrund bleibt. Zudem entspricht es dem Interesse der Apotheker und Apothekerinnen, ihr Leistungsportfolio vor allem unter der eigenen Marke zu bündeln. Daher verfolgen wir hier bewusst eine andere Strategie.

ADHOC: All business is local. Muss nicht genau dieser Ansatz für die Vor-Ort-Apotheke mehr Kraft entfalten?
KUCK: Absolut. Apotheken haben in ihrem Umfeld in der Regel bereits eine starke Marke etabliert. Und zwar ihre eigene. Diese pflegen sie durch engagierten Kontakt mit ihren Stammkundinnen und -kunden. Das ist nicht nur aufgrund des Wiedererkennungswertes bei den Patienten sinnvoll, sondern auch deshalb, weil Apothekerinnen und Apotheker viel mehr davon profitieren, ihre eigene Marke stark zu machen, als sich für die Marken Dritter einzusetzen. Genau deshalb unterstützen wir die Apotheken beim regionalen Markenaufbau. Mit iA.de liefern wir das passende Werkzeug genau dafür.

Unser Ziel war es nie, eine reine Bestellplattform zu sein. Wir wollen die Vor-Ort Apotheke stark machen und dafür treten wir beim Bekanntheitsgrad gerne einen Schritt zurück. Die Marke, auf die es uns ankommt, die Marke, die zählt, ist die Vor-Ort Apotheke.

ADHOC: Das heißt, Sie konzentrieren sich voll auf den Ausbau eines Netzes vieler individueller Apps und Webshops auf Basis von iA.de?
KUCK: Aktuell ist das unser Ansatz. Jedoch entwickeln sich digitale Angebote rasant weiter. Nehmen Sie das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Welche Bedeutung Apps in einigen Jahren haben werden, ist heute nicht absehbar. Wir beschäftigen uns daher bereits jetzt intensiv mit KI-gestützten Assistenzsystemen.

Das gehörte immer schon zu unserer Philosophie: den Markt und seine Entwicklung genau beobachten, um möglichst früh neue Anforderungen bedienen zu können. Wir wollen Apotheken immer die beste und vor allem zeitgemäße Lösung bieten. Das sehen wir auch als unsere Verantwortung. Apotheken haben heute mehr denn je eine immense Bedeutung für die Gesellschaft, nicht zuletzt im Hinblick auf den demografischen Wandel und inzwischen auch auf den Zivilschutz.

ADHOC: Mit der Noweda als Haupteigentümer von iA.de ist der Genossenschaftsgedanke gleich mit an Bord?
KUCK: Grundsätzlich setzt sich iA.de gemeinsam mit ihren Partnern und ihrem Netzwerk dafür ein, dass inhabergeführte Apotheken in der digitalen Welt nachhaltig und langfristig gegen übermächtige Marktteilnehmer – wie die niederländischen Großversender und zukünftig wohl auch Drogeriemarktketten wie dm – bestehen können. Dabei stellen wir durch die feste Mehrheitsbeteiligung der apothekereigenen Noweda sicher, dass iA.de immer apothekerbeherrscht bleibt. Damit bleibt eine Übernahme der Plattform durch apothekenfremde Dritte dauerhaft ausgeschlossen. Je wichtiger digitale Wege in die Apotheke für Patienten und Kunden werden, desto existentieller ist es für sie, dass der Betreiber dieser Wege von Apothekerinnen und Apothekern kontrolliert wird.

ADHOC: Was bedeutet das denn ganz praktisch?
BÜCHER: Dieser einzigartige Ansatz hilft auch beim Ausbau unseres Serviceportfolios und der Partnerschaften. Hier wird es bald weitere Angebote geben. Ohne heute Namen nennen zu können, werden wir nicht zuletzt in den Bereichen Tests und Diagnostik, pDL, Impfen und Hilfsmittel mit neuen, starken Partnern daran arbeiten, die Apotheken als erfolgreiches, niedrigschwelliges Gesundheitszentrum der Zukunft zu etablieren. Und zwar sowohl digital als auch analog.

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