„Wäre es nicht praktisch, wenn der Bezug von ärztlich verordneten Arzneimitteln deutlich komfortabler wäre? Ohne Vorauskasse und Rechnungseinreichung“, schreibt die Allianz an ihre Privatkundschaft. Was auf der ersten Seite interessant klingt, entpuppt sich auf der Rückseite des Schreibens als Kooperation mit Shop Apotheke. Unter den Kundinnen und Kunden sind natürlich auch einige Apothekerinnen und Apotheker – und die ärgern sich über das Vorgehen ihrer Kasse.
Wer eine Dauermedikation habe oder auf Hochpreiser angewiesen sei, solle sich den Arzneimittelservice genauer ansehen, so die Allianz. „Nutzen Sie die vielen Vorteile und machen Sie sich das Leben leichter“, heißt es in einem zweiseitigen Schreiben, das seit vergangener Woche wieder an Privatkunden herausgeht. Dies war schon einmal im September vergangenen Jahres der Fall.
Der erste genannte Vorteil: „Keine Vorauszahlung für ärztlich verordnete Medikamente.“ Desweiteren betont der Konzern, dass der Service für die Versicherten kostenfrei, freiwillig und unverbindlich sei. Und eine „kompetente Beratung“ sei inklusive. Weiterhin sei eine freie Apothekenwahl möglich – dann aber gegen Vorkasse und Rechnungseinreichung, „zum Beispiel auf Reisen oder bei Notfällen“.
Worum es wirklich geht, erfahren die Allianz-Versicherten dann auf Seite 2: Es handelt sich um eine Kooperation mit Shop Apotheke. Deren Leistungen werden mit der der Vor-Ort-Apotheke gegenübergestellt: Linksseitig das Angebot des Versenders, rechtsseitig die Parameter der Vor-Ort Apotheke.
Während bei Shop Apotheke sechs Vorteile – „Bestellung rund um die Uhr“, persönliche und diskrete Beratung am Telefon, „auf Wunsch: smarte Experten-Therapie-Service“ und allen voran „keine Vorauskasse für ärztlich verordnete Medikamente“ angeführt werden, werden der Vor-Ort-Apotheke nur drei Vorteile zugeschrieben: „Keine Vorauskasse für ärztlich verordnete Medikamente“ – allerdings erst ab einem Einkaufswert von 750 Euro. Eine persönliche Beratung gesteht die Kasse auch der Apotheke vor Ort zu, und zur Lieferung schreibt sie: „Erhalt der Medikamente in der Regel noch am selben Tag.“
„Ich bin echt sauer über die Kooperation. Was fällt denen eigentlich ein, den Versicherten vorzuschreiben, wo sie ihre Medikamente holen sollen“, ärgert sich Dr. Nojan Nejatian, Inhaber der Heegbach Apotheke in Erzhausen. Er empfindet das das Vorgehen als Frechheit. „Wir sagen doch auch nicht: Wechseln Sie mal von der Allianz zur Continental.“
Die Sachen, mit denen Shop Apotheke werbe, seien ebenso Leistung der Vor-Ort-Apotheke. Nejatian bezieht sich dabei auf die Bestellung rund um die Uhr, auf die persönliche und diskrete Beratung sowie auf den Service für chronisch Kranke. „Auch den Erhalt der Medikamente am selben Tag als Vorteil herauszustellen ist eine Frechheit, denn das leistet auch die Apotheke vor Ort.“
Der Inhaber betont: „In meinen Augen wird hier auch klar gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen, denn die Allianz hat offensichtlich einen Vorteil davon, wenn Versicherte dort die Arzneimittel bestellen.“ Prekär sei es vor allem, dass die Vorauszahlung für Medikamente entfalle: „Die Allianz stellt das als wichtigen Vorteil raus, dass es keine Vorauskasse für ärztlich verordnete Medikamente gebe“, ärgert er sich.
Denn in der Apotheke vor Ort könne durchaus auch eine individuelle Lösung gefunden werden, um Kunden zu entlasten, etwa mit monatlichen Rechnungen oder direkten Abrechnungen mit der Krankenkasse, erklärt er. „Ich werde die Kammer darüber unterrichten, denn dass muss lückenlos aufgeklärt werden.“