Valsartan-Prozess: Hersteller und Apotheken vor Gericht Tobias Lau, 25.04.2019 09:49 Uhr
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Viel Arbeit vor sich: In New Jersey verhandelt ein Gericht rund 40 Klagen von Patienten gegen Valsartan-Hersteller und Abgabestellen. Hunderte, wenn nicht tausende weitere werden erwartet. Foto: Pixabay
Berlin - Die juristische Aufarbeitung des Valsartan-Skandals vom vergangenen Sommer schreitet voran. Vor einem Bundesgericht im US-Bundesstaat New Jersey hat nun das erste Verfahren gegen den Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceuticals und dessen US-Partnerunternehmen begonnen. Laut Einschätzung von Beteiligten könnte das nur der Auftakt zu einer viel größeren Welle von Forderungen sein. Doch nicht nur der Lohnhersteller und seine Partner stehen vor Gericht, auch die Apothekenkette Walgreens muss sich verteidigen.
Schadenersatzklagen haben in den USA bekanntlich eine lange und teils spektakuläre Tradition. Und so dauerte es nach Bekanntwerden der Verunreinigungen auch nur wenige Wochen, bis auf das Thema spezialisierte Kanzleien landesweit nach potentiell Geschädigten suchten. Dabei geht es um viel Geld, potenziell Milliarden von Dollar: Erstattung vergangener, momentaner und zukünftiger Behandlungskosten, Entschädigung sowohl für physisches als auch emotionales Leid, Ausgleich entgangener Einnahmen, speziell falls man ins Krankenhaus musste, sowie „andere wirtschaftliche Verluste“, wie eine der beteiligten Kanzleien schreibt.
Was beim Valsartan-Skandal auf die Gerichte zukommt, stellt vieles in den Schatten, was sonst unter dem Titel „Massenklage“ läuft: Bis zu 1,5 Millionen potentielle Kläger sieht der Anwalt Paul Geske von der Kanzlei McGuire Law in Chicago. Geske vertritt einen Kläger vor einem Bundesgericht in der Hafenstadt Camden in New Jersey. Dorthin verwies das Judicial Panel on Multidistrict Litigation (JPML) im Februar elf Klagen aus dem ganzen Staatsgebiet der USA, damit das Gericht den Fall zentral entscheidet. Das JPML ist eine Kommission im US-Justizsystem, die für die Zuteilung von Klagen aus verschiedenen Gerichtsbezirken auf eine zentrale Instanz zuständig ist – das wird meistens bei Schadensersatzklagen von nationalem Ausmaß notwendig. Diese werden dann als sogenannte MDL (Multidistrict Litigations) verhandelt.
Dass das so sein würde, war bereits im August vergangenen Jahres klar: Nachdem die US-Arzneimittelbehörde FDA eine Task Force aus Chemikern, Toxikologen, Ärzten, Apothekern und analytischem Laborpersonal eingesetzt hatte, um das Ausmaß und die möglichen Folgen der Verunreinigungen mit dem potentiell krebserregenden Nitrosamin NDMA zu untersuchen, wurde dem Fall der sogenannte Mass Tort Status zuerkannt – also ein Fall von Massenschädigungen, die landesweit zentral verhandelt werden. Bei dem Gericht in Camden werden nun die Fälle von – bisher – rund 40 Klägern verhandelt.
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