Größer, besser, mit eigenem Reformhaus

Schweiz: Als Einzelkämpfer unter Fremdbesitzlern

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Berlin -

Der Apothekenmarkt in der Schweiz unterscheidet sich deutlich vom deutschen. Kleine Ketten, große Ketten, kettenähnliche Kooperationen – und dann gibt es sie noch: die wenigen unabhängigen Apothekeninhaber:innen. Zu ihnen gehört Olivier Kreis, Inhaber und Geschäftsführer der Löwen-Apotheke in Frick, eine Gemeinde mit knapp 5000 Menschen im Kanton Aargau. Er konnte sich nicht nur behaupten, sondern baut jetzt auch noch um und ergänzt sein Portfolio mit einem Sanitätshaus.

Seit 1946 gibt es die Apotheke an diesem Standort. Zwar wurde das Geschäft Ende der 80er-Jahre renoviert und umgebaut, doch jetzt musste sich etwas ändern, so Kreis. „Es war klar, dass etwas gehen muss, um den neuen Standards und Gegebenheiten im Gesundheitssystem Rechnung zu tragen.“ Also wird nicht nur renoviert, sondern umgezogen. Am 2. April soll es auf der anderen Straßenseite weitergehen – mit einer modernen Infrastruktur, die der Kundschaft, aber auch den optimierten Abläufen in der Apotheke entgegenkommt.

„Am neuen Standort ist auch die Nähe zur Ärzteschaft im selben Gebäude ein grosser Vorteil, der sicher Synergien mit sich bringen wird. Wir erwarten durch die Nähe zur Ärzteschaft ein besseres Verständnis füreinander und eine optimierte Zusammenarbeit.“ Am Ende könne das nur einen Mehrwert für die Kund:innen haben. Statt einer Offizin von 29 Quadratmetern freut sich der Inhaber auf demnächst knapp 115 Quadratmeter. Zudem gibt es dann an der neuen Adresse Beratungsräume und einen Komissionierer – „welcher sicher auch Zeitersparnisse und Vereinfachungen für das Team im Backoffice gibt“.

Auch die Rezeptur profitiert von den neuen Räumen: „Ein großes Anliegen war es uns auch, das Labor wieder auf den neusten Stand zu bringen und dort die Abläufe zu optimieren, um effizient arbeiten zu können. Wir wollen unsere Hausspezialitäten nicht aufgeben“, so Kreis. Hierzu zählen beispielsweise Klassiker wie Zugsalbe, Hustensirupe oder Mittel gegen die verschiedensten Schmerzen, die die Apotheke selbst vor Ort herstellt.

Alte Apotheke wird zweites Standbein

In den dann alten Räumen neben einem Migros-Supermarkt will Kreis sein neues Sanitätshaus eröffnen. „Es wird ein eigenständiger Teil sein, aber das Sanitätshaus wird natürlich von der Apotheke profitieren und umgekehrt“, so Kreis, der dort dann unter anderem auch Rollatoren und Kompressionsstrümpfe anbieten kann.

Im Ort gibt es noch eine Apotheke in einem Coop-Markt sowie eine weitere inhabergeführte Apotheke, die sich mit einer Drogerie zusammengetan hat. Und dieses Sammelsurium an unterschiedlichsten Apothekenformen beschreibt das schweizerische System vielleicht auf kleinem Raum schon ganz gut: „Der Markt für Apotheken in der Schweiz ist sicher enger geworden. Die großen Mitbewerber treten selbstbewusster auf und die Bedingungen seitens der Lieferanten werden laufend angepasst, sodass die Konditionen beim Einkauf für unabhängige Apotheken immer schlechter werden“, meint Kreis. Inhaber:innen müssten daher zunehmend Unternehmergeist beweisen, mit eigenen Innovationen und Alleinstellungsmerkmalen aufwarten, um bei der Kundschaft zu bestehen.

Keine Kettenapotheke denkbar

Die beiden Konkurrenten im Ort stören Kreis nicht: „Wir halten uns sehr gut und können uns im Markt behaupten. Der Kunde will das Persönliche und muss dies auch unkompliziert und einfach kriegen.“ Außerdem müsse man als Unternehmer engagiert und präsent sein, sagt er, den Vergleich zu den fremdgeführten Apotheken ziehend.

Eine solche Zukunft bei einer Kette könne er sich nicht vorstellen: „Ich bin Apotheker und Unternehmer geworden, um selbständig zu sein. Eigenständig. Mit eigenem Charakter, eigenen Zielen und eigenen Ideen.“ Ein eigener Charakter sei im Fremdbesitz kaum zu halten. Nach außen hin stünden hier vor allem Lohn und Profit im Fokus. „Es fehlt die intrinsische Motivation von Besitzerseite aus, da es keine Beziehung zum Kunden direkt gibt.“

Was beide Systeme hingegen eint: der Fachkräftemangel. „Wir finden praktisch keine neuen Pharma-Assistent:innen oder Fachfrauen/Fachmänner Apotheke sowie eidgenössisch diplomierte Apotheker:innen mit oder ohne FPH-Titel“, berichtet Kreis. Der FPH-Titel ist der Fachapotheker:in Offizin, eine Weiterbildung, die Apotheker:innen brauchen, wenn sie in eigener fachlicher Verantwortung oder als Geschäftsführer:in einer Apotheke tätig sein möchten. Es ist eine berufsbegleitende etwa zweijährige Weiterbildung, die unter anderem auch von Konzernen wie Galenica übernommen wird.

Kreis hatte bisher Glück: „Selber habe ich genug Personal und die eigens Ausgebildeten sind bisher alle mindestens noch ein Jahr lang geblieben. Auch meine Pharma-Assistentin, die im Sommer die Lehre abschließt, hat schon einen unbefristeten Arbeitsvertrag unterschrieben und bleibt uns erhalten.“ Lediglich eine Apothekerin komme aus Deutschland, habe aber schon in der Schweiz studiert. „Meine anderen 17 Angestellten wohnen alle in der Schweiz.“

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