Australien

Pessina will Down Under liberalisieren

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Berlin -

Vor 100 Jahren bereiste Jesse Boot, Sohn des Gründers der gleichnamigen Apothekenkette, den australischen Kontinent, um Apotheken zu kaufen. Die Pharmazeuten gingen auf die Barrikaden und brachten ein Gesetz durch, mit dem der Fremdbesitz für Apotheken verboten wurde. So ist es überliefert. Jetzt streckt Konzernchef Stefano Pessina seine Fühler erneut aus.

Anders als in Deutschland werden die Rahmenbedingungen für den Betrieb von Apotheken alle fünf Jahre auf den Prüfstand gestellt. Das sogenannte „Community Pharmacy Agreement“ läuft 2020 aus. Schon jetzt hat die Regierung in Canberra eine unabhängige Überprüfung der Regelungen in Auftrag gegeben, berichtet der Sydney Morning Herald.

Walgreens Boots Alliance (WBA) wittert neue Möglichkeiten, doch noch in Australien Fuß zu fassen – in der Hoffnung, dass der Markt liberalisiert wird. Pessina träumt von einem weltumspannenden Apothekenimperium, am liebsten würde sein Konzern Apotheken kaufen, wie WBA-Vorstand Ken Murphy am Rande einer Konferenz in Sydney zu Protokoll gab. „Die Markenbekanntheit der Boots-Produkte ist unglaublich hoch in Australien, und es wäre ein schreckliches Versäumnis, das nicht zu nutzen“, sagt Murphy im Interview.

Alternativ könne man sich vorstellen, ein Franchisemodell zu entwickeln. Doch Murphy gibt unumwunden zu, dass sich die Investitionen eigentlich nur rechtfertigen ließen, wenn man die Möglichkeit bekomme, eine eigene Kette zu etablieren.

Die Pharmacy Guild of Australia vertraut weiterhin auf die gesetzlichen Bestimmungen und wertet die Erklärungen Murphys als „reine Träumereien“. Gegenüber dem „Australian Journal of Pharmacy“ sagte ein Sprecher: „In der ganzen Debatte über die Notwendigkeit eines größeren Wettbewerbs auf dem australischen Apothekenmarkt gibt es keinen der Befürworter, der jemals angedeutet hätte, die großen Überseemultis in den Markt lassen zu wollen.“

In Australien gibt es 5500 Apotheken; viele gehören einer Kooperation der drei führenden Großhändler an. Im Süden des Landes gibt es außerdem Kooperativen, bei denen die Kunden als Mitglieder die Eigentümer sind. Der Markt wird auf 16 Milliarden US-Dollar geschätzt.

WBA ist weltweit mit 350 Großhandelsniederlassungen und demnächst knapp 18.000 Apotheken präsent. 370.000 Angestellte arbeiten für den Konzern mit einem Jahresumsatz von 103 Milliarden US-Dollar. Walgreens hatte im Sommer 2012 für 6,7 Milliarden US-Dollar zunächst 45 Prozent der Anteile an Alliance Boots übernommen, für den Rest wurde eine Option vereinbart. Dafür musste Walgreens Ende 2014 noch einmal rund 5 Milliarden Dollar in bar sowie 144,3 Millionen Aktien auf den Tisch legen, was zu einem Gesamtpreis von knapp 16 Milliarden Dollar führte. Mit etwa 13 Prozent ist Pessina größter Einzelaktionär bei WBA.

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