Lieferengpass bei pädiatrischen Arzneimittel

Österreich: Antibiotikasäfte fallen weiter aus

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Berlin -

Die Lieferengpässe verschärfen sich weiter. Auch im Nachbarland Österreich sind die bewährtesten Breitband-Antibiotikasäfte für Kinder nicht verfügbar. Das Fatale: Im März werden sie auch nicht mehr geliefert. Großhandel und Apotheken haben schlicht keine Vorräte, und laut Berichten der österreichischen Apothekenkammer gibt es Wartelisten für Kinder und Erwachsene mit mehr als 23.000 Packungen.

Die Österreichische Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr fordert deshalb in einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA) die Republik auf, Rohstoff im Ausland zu kaufen. Somit könnten Apotheken die Mittel selbst herstellen, um die schlechte Versorgungslage abzupuffern.

Der akute Lieferengpass bei bestimmten Medikamenten habe sich seit Herbst noch einmal bei Antibiotika für Kinder verschärft. 2019 seien in Österreich etwa 130.000 Packungen an pädiatrischen Antibiotikasäften verbraucht worden. Weil nicht mehr Ware zur Verfügung stand, konnten im vergangenen Jahr nur rund 80.000 Packungen abgegeben werden. Mursch-Edlmayr bedauert, dass es „nicht einmal geschafft wurde“, den Jahresbedarf von Vor-Pandemie-Zeiten zu decken.

Der Rohstoff ist auf dem Markt

Dabei wisse man, dass es Rohstoff am Markt gebe. Die Apothekerkammer-Präsidentin habe dem Gesundheitsministerium angeboten, die sogenannten Magistral-Rezepturen in den Apotheken frisch zuzubereiten. Magistralrezepturen sind Arzneimittel, die in Apotheken für die Patient:innen individuell auf ärztliche Verordnung hergestellt werden. Für das Gesundheitssystem haben sie eine essenzielle Bedeutung, vor allem, wenn nicht alle benötigten Medikamente als Fertigarzneimittel verfügbar sind. Traditionell spielen sie eine Schlüsselrolle in der Dermatologie, Spitalpharmazie und auch in der Kinderheilkunde.

Eine Rohstoffbeschaffung im Ausland müsse mit einer Abnahmegarantie durch die Republik und einer sicheren Finanzierung einhergehen, so Mursch-Edlmayr. Der pharamazeutische Großhandel könne dann für die Verteilung auf Apotheken in ganz Österreich sorgen. Für Patient:innen falle für die in Apotheken hergestellten Mittel nur die Rezeptgebühr an.

Der Zustand ist bedrohlich

Unterstützung würde das Vorhaben auch durch den Generalsekretär der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ), Reinhold Kerbl, erfahren. Die Mittel können in allen Apotheken in Österreich in gleicher Rezeptur sicher hergestellt werden, so Kerbl gegenüber APA. Zwar gebe es gewisse Antibiotika derzeit noch, aber die seit vielen Jahrzehnten bewährtesten, die am wenigsten Resistenzen verursachen, die gebe es seit Wochen nicht, so der Kinderarzt. Insbesondere in den kindergerechten Dosierungen gebe es große Lücken. Dies sei ein „bedrohlicher Zustand und eine Gefahr für die Betroffenen". Mitunter müssen Kinder in weit entfernte Krankenhäuser gebracht werden, um Infusionen mit Antibiotika zu bekommen, die normaler Weise oral verabreicht werden.

Rohstofflager in Österreich

Die Engpässe seien auch durch die Streptokokken-Welle verursacht worden, so Kerbl. Aber „eigentlich geht es um alle Erkrankungen, die mit Antibiotika zu behandeln sind. Aufgrund der schlechten Verfügbarkeit von Penicillin-Medikamenten müsse zu anderen Antibiotika gegriffen werden. Diese verursachen wiederum auch mehr Resistenzen und seien in kürzester Zeit ebenso vergriffen, so der Kinderarzt.

Vor diesem Hintergrund fordert Mursch-Edlmayr „ganz klar Rohstofflager in Österreich“. Dann können einerseits Kinder-Antibiotikasäfte produziert werden, aber bei Bedarf auch Medikamente für Erwachsene. Die Kammer-Präsidentin ist sich sicher, dass „das Problem der Lieferengpässe uns noch weiter begleiten“ werde.

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