Eine Pharmazeutin im Praktikum (PhiP) wurde vom Studierendenwerk Marburg mit einer Rückforderung überrascht: Weil sie im Praktischen Jahr (PJ) Geld verdient, soll sie binnen eines Monats die Förderung des vergangenen Jahres – rund 7500 Euro – zurückzahlen. Die junge Frau ist verzweifelt: „Das kann ich mir mit meinem Gehalt nicht leisten.“ Zudem stellt sich für sie die Sachlage vollständig anders dar.
Die junge Frau hatte zwischen 2020 bis 2024 Pharmazie an der Universität Marburg studiert und während dieser Zeit BAföG bezogen. „Kürzlich erhielt ich einen Brief mit einer Rückforderung von etwa 7500 Euro. Ich fragte nach, warum mein Bewilligungszeitraum nicht mit meiner Exmatrikulation – wie üblich – geendet haben soll. Die Sachbearbeiterin erklärte, dass das PJ zum Studium gehöre und daher in den Bewilligungszeitraum falle. Deshalb werde mein PJ-Gehalt nun angerechnet.“
In den meisten Fällen ende der Bewilligungszeitraum mit der Exmatrikulation, wodurch das Problem bei den meisten Studierenden erst gar nicht entstehe, erklärt sie. Eine Diskrepanz zwischen Exmatrikulation und BAföG-Rückforderung kann jedoch durch ein Urlaubs- oder Lernsemester entstehen, letzteres war bei der PhiP der Fall war.
„Ich erhielt die Förderung im Studium ohne zusätzliches Gehalt“, erklärt die PhiP. Trotzdem wurde ihr die monatliche Förderung auch nach der Exmatrikulation weiterhin gezahlt, obwohl sie dem BAföG-Amt zuvor das Bestehen des 2. Staatsexamens sowie ihre Exmatrikulation mitgeteilt hatte. Dies meldete sie der Behörde pflichtgemäß; es dauerte aber eine gewisse Zeit, bis die Sachbearbeiterin die automatischen Überweisungen stoppen konnte. „Insgesamt begründet das Amt die Rückforderung für das gesamte Jahr mit § 20 BAföG.“
Dieser Paragraf besagt, dass Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich auf das BAföG angerechnet wird – und zwar für den gesamten Bewilligungszeitraum. Das bedeutet, dass jedes Einkommen, das während des Bewilligungszeitraums erzielt wird, auf den gesamten Zeitraum des BAföG-Bezugs angerechnet wird, nicht nur auf den Monat, in dem es erzielt wurde.
Die Exmatrikulierte sieht hingegen die Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) und das BAföG als maßgeblich an. Nach § 1 AAppO endet das Pharmaziestudium mit dem 2. Staatsexamen, das den Abschluss der akademischen Ausbildung markiert. Das Praktische Jahr (PJ) und das 3. Staatsexamen gehören demnach nicht zur universitären Ausbildung.
Laut § 15a BAföG ist die Förderungshöchstdauer die Regelstudienzeit von acht Semestern für Pharmazie, das PJ ist nicht förderfähig. § 15b BAföG besagt, dass die Förderung mit dem Bestehen des 2. Staatsexamens endet, sodass das Praktikum danach nicht gefördert wird. Zudem stellt § 2 Abs. 4 BAföG klar, dass Praktika nur gefördert werden, wenn sie in Zusammenhang mit der Hochschule stehen, was beim PJ nicht der Fall ist.
Anfang der 2000er Jahre war dies noch nicht so eindeutig geregelt, damals wurden zahlreiche Gerichtsverfahren geführt, in denen Pharmaziestudierende auf Erlass des Rückzahlungsbetrags geklagt hatten, weil sie ihr Studium nach acht Semestern vermeintlich vorfristig abgeschlossen hatten.
Bei ihrer zuständigen BAföG-Sachbearbeiterin beißt die PhiP mit ihrer Auffassung und ihren Fragen zum Beschluss allerdings auf Granit. „Ich habe das Gefühl, das Amt beharrt auf seinem Standpunkt, ohne die tatsächliche Sachlage wirklich zu überprüfen“, beklagt sie. So sei das BAföG-Amt der Ansicht, dass das PJ noch zur universitären Ausbildung gehöre. Die PhiP hält es nicht für ausgeschlossen, dass hier ein Missverständnis vorliegt: „Bei Medizinstudenten ist es ja so, dass sie während ihres Praktikums noch an der Universität eingeschrieben sind“, merkt sie an.
„Ich bin während des Gesprächs in Tränen ausgebrochen, weil ich einfach nicht verstehen konnte, was los ist.“ Aber ihre Fragen nach anderen Ansprechpartner:innen oder einer Zweitmeinung verhallten bei der Sacharbeiterin. Als sie sich dann auf eigene Faust andere Mitarbeitende der Behörde kontaktierte, wurde sie abgeschmettert: „Die verweisen immer auf meine persönliche Ansprechpartnerin. Keiner will mir wirklich weiterhelfen“, beklagt die junge Frau.
Die Sachbearbeiterin bot ihr lediglich an, den Betrag monatlich zurückzuzahlen. „Sie ist gar nicht weiter auf mein Problem eingegangen. Warum soll ich so viel zurückzahlen, wenn ich das, soweit ich die Gesetze richtig verstehe, nicht machen muss?“ In jedem Fall soll die PhiP binnen eines Monats die Förderungssumme des vergangenen Jahres zurückzahlen; rund 7500 Euro.
Dieser Forderung hat die Praktikantin schriftlich widersprochen, und das Amt hat diesen Widerspruch bereits abgelehnt. „Die Festlegung in der AAppO geht von einer falschen Definition der Regelstudienzeit aus“, erklärt die Behörde. Das BAföG-Amt legt § 10 Abs. 2 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) zugrunde, wonach die Regelstudienzeit sowohl theoretische als auch praktische Studienzeiten umfasst. Im Gesetz ist dies eine grundsätzliche Aussage, die keine Ausnahmen miteinschließt.
Laut Amt sei daher die zwölfmonatige praktische Ausbildung in die Regelstudienzeit und damit in die Förderungshöchstdauer einzubeziehen. „Sie halten daran fest, dass das gesamte Studium förderungsfähig ist und ich zu viel verdiene“, ärgert sich die PhiP. Da die Gesprächsbereitschaft des BAföG-Amtes hier endet, wird sich die junge Frau rechtlichen Beistand holen.