Ministerium erhält keine Lieferung

Spritzen-Notstand: Apotheker rettet Sachsens Impfzentren

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Berlin -

Die Impfzentren stehen – doch dann gibt es erst keinen Impfstoff und wenn der dann da ist, gibt es keine Spritzen, um ihn zu verimpfen. Danach sah es am Dienstag in Sachsen aus. Am Montag sollen dort auch in den Zentren geimpft werden, wegen eines Lieferausfalls hätten die Spritzen aber nur knapp einen Tag gereicht. Die Not war groß, niemand wusste, woher man so schnell so viele Spritzen kriegen soll. Doch glücklicherweise war Apotheker Christian Flössner zur Stelle: Über Nacht besorgte er für das Gesundheitsministerium zehntausende Spritzen aus Portugal – und das mit Logistikhilfe von Amazon.

Alten- und Pflegeheime werden zwar bereits im Vorfeld von mobilen Impfteams versorgt, die 13 Impfzentren im Freistaat sollen aber erst am Montag ihre Arbeit aufnehmen. Betrieben werden sie vom Roten Kreuz, doch Verbrauchsmaterialien beschafft das Ministerium. Dass deswegen nicht alles glattlaufen muss, ist klar, doch Anfang der Woche stand das Ministerium plötzlich vor einem großen Problem: Es fehlten zehntausende Spritzen. Und zwar nicht irgendwelche: Der Biontech-Impfstoff muss auf 0,3 Milliliter aufgezogen werden. Entsprechend werden nicht irgendwelche Spritzen benötigt, sondern Feindosierungsspritzen mit Milliliter-Graduierung. Und die sind in der Menge gar nicht so leicht zu beschaffen.

Das Ministerium brauchte also die richtige Connection. Und die hatte sie über das Rote Kreuz: Flössner ist nämlich nicht nur Inhaber der Saxonia-Apotheke in Dresden, sondern auch Kuratoriumsmitglied und Fachkoordinator beim Roten Kreuz. „Am Dienstagmorgen erreichte mich der Hilferuf“, sagt er. „Da habe ich erst mal gefragt, wie viele sie denn brauchen. ‚So viele wie möglich!‘, hieß es dann.“ Erst auf weitere Nachfrage wurde die Summe dann eingegrenzt, blieb aber stattlich: 50.000 Stück.

Also legte Flössner los, doch woher sollte viele Spritzen besorgen? „Die werden sonst einfach nicht in der Masse gebraucht wie im Moment, deshalb war es durchaus schwer, da genügend aufzutreiben.“ Braun Melsungen beispielsweise habe keine mehr gehabt. „Und den Großhandel haben wir auch komplett leergekauft. Da gab es aber nur noch 50 Pakete à 100 Stück – es fehlten also noch 45 Pakete.“ Mit einem Kollegen setzte er sich also an den Computer und begann zu suchen.

Sein großer Vorteil war dabei seine Weltläufigkeit: Flössner ist nicht nur Honorarkonsul der Republik Panama, sondern auch anderweitig gut vernetzt, nicht zuletzt durch seine Arbeit in der Flüchtlingsversorgung. „Wir nennen uns nicht umsonst ‚Internationale Apotheke‘. Ich habe natürlich auch die entsprechenden Kontakte“, sagt er. Über die konnte er auch einen Hersteller in Portugal ausfindig machen, der die benötigte Menge kurzfristig liefern kann. Nun war aber noch eine zentrale Frage offen: Wie kommen die Spritzen schnell genug nach Sachsen. Auch da war es gar nicht so einfach, einen passenden Anbieter zu finden. Die nötige Leitung kam von einem, den die meiste Apotheker wohl eher nicht als Helfer in der Not ins Herz geschlossen haben: Amazon.

„Man muss halt kreativ sein“, sagt Flössner. „Und Transportlogistik können die halt.“ Über Nacht lieferte Amazon die restlichen 45.000 Spritzen – in Prime-Kartons. Dienstagmorgen kam der Hilferuf, Mittwochmittag waren die Spritzen da. „Damit sind die Corona-Impfungen in Sachsen auch über Dienstag hinaus gesichert“, sagt Flössner. Für rund 5000 Impfungen am Tag seien die Impfzentren ausgelegt, die besorgten Spritzen reichen demnach für ungefähr zehn Tage – genug Zeit, bis die nächste Lieferung des Ministeriums eintrifft.

Und so akut der Notstand war, so sehr hielt sich der Aufwand dennoch in Grenzen. „Wir saßen zu zweit ungefähr drei Stunden am Computer, dann hatten wir alles geklärt.“ Damit habe er nicht nur dem Ministerium unter die Arme gegriffen, sondern auch der Branche einen Dienst geleistet, sagt er: „Ich war froh, dass man mich gefragt hat und dass wir schnell eine Lösung gefunden haben. Dadurch, dass das alles so gut geklappt hat, ist es doch wieder ein toller Beleg für die Bedeutung der Apotheken vor Ort.“

 

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