Randnotiz

Playboy, Gockel, kleiner Mann

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Berlin -

Schrille Kampagnen, anzügliche Markennamen: Die Erwartungen an den Viagra-Patentablauf waren zumindest auf Marketingseite groß – und wurden enttäuscht: Die Generikahersteller setzen fast ausnahmslos auf ein schlichtes Sildenafil + Firmenname, „Ereq“ von Jutapharma ist schon das Krawalligste. Allerdings haben viele Firmen eigens Informationsangebote zum Thema ins Netz gestellt. Hier gibt es schon mal ein Augenzwinkern.

Hexal hatte schon kurz vor dem Launch die Seite „fuer-uns-maenner“ ins Leben gerufen und dort über das Thema erektile Dysfunktion informiert – ohne Produktbezug versteht sich. Die „Männerfarbe“ Schwarz überwiegt, das Testimonial ist sehr schnittig, der Inhalt bleibt sachlich. Die Balance zwischen medizinischer Ernsthaftigkeit und Lifestyle gelingt hier noch ganz gut.

Als anstößig wird zuweilen nur der Gockel mit viagrablauem Kamm und Kehllappen empfunden – aber mit dem werben die Holzkirchner auch nur gegenüber den weniger empfindsamen Fachkreisen.

Ratiopharm ist noch zurückhaltender: Die Internetseite lehnt sich smart an Gelerntes an: „auch-da-gibts-was-von-ratiopharm“. Nur die Kissenschlacht des Silver-Ager-Paares ist ein bisschen lahm. Dafür hatte Ratiopharm sich gegenüber einigen Ärzten den Scherz erlaubt, den Sildenafil-Mustern ein Playboy-Heft beizulegen.

Stada will den Markt nicht nur mit drei verschiedenen Sildenafil-Produkten angehen, sondern wirbt bei Apothekern auch sehr offensiv: „Lassen Sie bei Männern mit Erektionsstörungen wieder die Pferde durchgehen“, so eine Aliud-Anzeige mit schwarzem Hengst. Aber auch gegenüber der Allgemeinheit lässt es der Konzern an Seriosität vermissen: Die Informationsseite von Stada heißt: „da-steht-der-kleine-mann“. Betroffene dürften solche Anspielungen wenig witzig finden.

Auch der Viagra-Originalhersteller spielt mit: Schon vor Patentbaluf hatte Pfizer ein eigenes Generikum auf den Markt gebracht. Die begleitende Kampagne heißt „Harte Worte“ und lässt Männer und Frauen direkt zu dem Thema zu Wort kommen.

Die kommenden Wochen werden zeigen, welche Marketing-Strategie zieht. Pfizer hat der neuen Konkurrenz den Start jedenfalls nicht leicht gemacht: Während vier Pillen des Originals Viagra mit einer Wirkstärke von 50 mg 46,34 Euro kosten, bietet der Konzern sein Generikum für 19,98 Euro an. Dieser Preis wird auch von den Generikaherstellern kaum unterboten.

Obwohl die Industrie wegen des Preisverfalls insgesamt mit einer Verdoppelung des Marktes rechnet, könnten die Umsätze sogar rückläufig sein. Entscheidend dafür ist auch, welche Marktanteile die beiden anderen Potenzmittel Cialis (Eli Lilly) und Levitra (Bayer) womöglich abgeben müssen.

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