Im Streit um die Rezepturherstellung des Krebsmedikaments ONC201 hat Apotheker Uwe-Bernd Rose von der Burg-Apotheke in Königstein im Taunus einen weiteren Erfolg errungen: Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) wies eine Unterlassungsklage ab, mit dem die Wettbewerbszentrale den Apotheker hatte stoppen wollen.
Das Arzneimittel dient zur Behandlung einer seltenen tödlichen Tumorerkrankung, die insbesondere bei Kindern auftritt. Ein Fertigarzneimittel des US-Pharmaunternehmens Chimerix ist aktuell auch in Deutschland in klinischer Prüfung.
Bei der Entscheidung ging es um die Abwägung widerstreitender Interessen, erklärte der zuständige Senat: Auf der einen Seite das Interesse des konkret betroffenen Patienten, der sich Stabilisierung oder Heilung verspreche. Auf der anderen Seite das allgemeine Interesse von Verbrauchern an der Einhaltung der Zulassungsvorschriften.
Das Gericht entschied, dass das Interesse des einzelnen Patienten mit einer medianen Überlebensrate von zehn Monaten in diesem Fall überwiege. „Das Risiko von Beeinträchtigungen und Tod durch Nebenwirkungen verblasst angesichts des sicheren Todes durch die Krebserkrankung ohne alternative Heilungsmöglichkeit.“ Das Zulassungsverfahren sei durch das Verhalten des Apothekers nicht gefährdet, da nicht ersichtlich sei, dass die laufenden klinischen Studien durch das Verhalten des Antragsgegners gefährdet würden.
Das Arzneimittel verspreche jedenfalls eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder jedenfalls Stabilisierung. Angesichts der verfassungsrechtlich verbürgten Verpflichtung des Staats und damit auch der Gerichte zum Schutz des Lebens als grundgesetzlichem Höchstwert könne die Versorgung der Patienten bis zum Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht einstweilen ausgesetzt werden. Hier falle besonders ins Gewicht, dass außer Frage stehe, dass das nicht zugelassene Medikament eine Heilungschance biete, und dass glaubhaft gemacht sei, dass nur solche Patienten damit versorgt würden, denen keine andere Behandlungsmöglichkeit mehr zur Verfügung stehe. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Parallel geht der Hersteller gegen den Apotheker vor, und zwar arzneimittel- wie patentrechtlich. Doch Rose wehrt sich energisch: Anders als behauptet laufe das Studienprogramm zu ONC201 allenfalls schleppend; schwerkranken Patienten werde die Therapie damit weiter vorenthalten, sagt er.
Aus diesem Grund ist ihm sein eigener Einsatz als Apotheker so wichtig. Und er appelliert an die Kolleginnen und Kollegen, sich ebenfalls nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Unter dem Namen Imipridon sei ONC201 seit 2021 in der Taxe gelistet – laut Rose kann jede Apotheke die Substanz bestellen und auf ärztliche Verordnung hin herstellen.
Patentrechtlich sei man in der Rezeptur immer auf der sicheren Seite. In § 11 Patentgesetz sei eindeutig geregelt, dass die Wirkung von Patenten sich nicht auf „die unmittelbare Einzelzubereitung von Arzneimitteln in Apotheken auf Grund ärztlicher Verordnung sowie auf Handlungen, welche die auf diese Weise zubereiteten Arzneimittel betreffen“ beziehe. Der Mut zur Rezeptur sei nie falsch – vor allem, wenn man Patientinnen und Patienten helfen könne.
APOTHEKE ADHOC Debatte