Kommentar

Verbotene Bedenken

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Berlin -

Der Vorstoß kam von der Schmerzliga: Mitte 2011 startete der Patientenverband eine Petition, damit Betäubungsmittel (BtM) in der Apotheke nicht mehr substituiert werden. Die Politik reagierte und regte die Schaffung einer Ausschlussliste an. Nach fast drei Jahren und einer unwürdigen Verzögerungstaktik der Kassen ist jetzt der Anfang gemacht. Aber der mühsam herbeigeführte Kompromiss hat einen Strickfehler: Die Apotheker werden durch das Austauschverbot möglicherweise zum Austausch gezwungen.

Aus pharmazeutischer Sicht ist es geradezu ein Horror, wenn Krankenkassen wie die DAK, KKH oder Deutsche BKK das Immunsuppressivum Cyclosporin ausschreiben und so den Austausch in der Apotheke forcieren. Ein generelles Austauschverbot – wie jetzt über die Liste – erscheint bei solchen Wirkstoffen absolut angezeigt.

Doch die Sache hat einen Haken: Wechselt der Arzt unwissentlich den Hersteller, kann das über die pharmazeutischen Bedenken bislang in der Offizin ausgebügelt werden. Denn der Apotheker verfügt in aller Regel über eine Medikationshistorie – gerade bei solchen schwerkranken Patienten.

Die Aut-idem-Liste verbietet aber genau diese Korrektur – und wird damit zur selbst erfüllenden Prophezeiung: Austausch durch Austauschverbot.

Dasselbe Spiel bei Lieferengpässen, im Notdienst oder bei ernst zu nehmenden Compliance-Problemen – dem Apotheker sind künftig die Hände gebunden. Die Logik der Liste ist an dieser Stelle konsequent umgesetzt, aber es profitiert niemand davon.

Besser wäre eine Art Freibrief gewesen: Bei den – ohnehin wenigen – Wirkstoffen auf der Liste wären alle Pflichtvorgaben für einen Austausch außer Kraft gesetzt. Keine Rabattverträge, kein Import, keine Preisschwelle. Mit anderen Worten: Man hätte die Substitution allein in die Verantwortung der Ärzte und Apotheker gegeben. Aber wie es aussieht, gibt es dagegen krankenkassische Bedenken.

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