Kommentar

Pro: Mehr Geld, mehr Anerkennung

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Berlin -

Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, da sie offiziell noch in der Ausbildung sind. Das ist skandalös, denn PhiP sind fertig studierte Pharmazeuten: Sie starten als Akademiker und somit als Fachkräfte ins Praktische Jahr (PJ), das sie auf dem Weg zur Approbation absolvieren müssen. Währenddessen erhalten sie nach Tarif höchstens 880 Euro – ein Ausbildungsgehalt.

Bei einem mehrmonatigen Vollzeitpraktikum kann man wohl davon auszugehen, dass ein schnell lernender PhiP – und wovon sonst sollte ein Apotheker ausgehen, der das Studium selbst hinter sich hat? – als Arbeitskraft die Apothekenangestellten maßgeblich unterstützen kann. Da liegt es nahe, dass der PhiP schnell als eine volle Arbeitskraft eingesetzt werden kann. Als eine sehr billige Arbeitskraft.

Das ist gängige Praxis und angenehm für den Apotheker. Für den PhiP weniger: Bei 880 Euro brutto bleiben knapp 700 Euro netto übrig. Mit dem zweiten Staatsexamen ist das Studium abgeschlossen; PhiP gelten daher nicht mehr als Studenten. Damit berechnet etwa die Krankenversicherung nicht mehr den günstigeren Studententarif. Auch auf BAFöG besteht kein Anrecht mehr.

Es ist ein Hohn und sehr demotivierend, Vollzeit zu arbeiten und für diese „Investition in die eigene Zukunft“ zunächst einen Kredit aufnehmen zu müssen. Ein Gehalt ist ein Indikator, wie viel dem Arbeitgeber der Einsatz wert ist. Wer 880 Euro bekommt, spürt zumindest unterbewusst, dass die eigene Leistung auch nur 880 Euro wert ist. Wer sollte nach dieser Einstufung selbstbewusst verantwortungsvollere Aufgaben übernehmen wollen? Und diese Zurückhaltung wiederum wird von den Apothekern gegenüber den Nachwuchskräften kritisiert – ein Teufelskreis.

Daher muss die Bezahlung nach oben korrigiert werden: mindestens auf die 1470 Euro pro Monat – den gesetzlichen Mindestlohn sollte ein studierter Pharmazeit schon erhalten. Grundsätzlich verstehen PhiP, dass nicht jede Apotheke rosig läuft und der tariflich festgelegte Lohn schon schwierig werden kann. Aufgemerkt: Geld ist für die angehenden Apotheker nicht alles. Tatsächlich gehören zu einem guten PJ auch eine enge Betreuung, eine entspannte Arbeitsatmosphäre und ein motivierter Ausbilder.

Denn nicht nur über Geld kann Wertschätzung gezeigt werden: Ein gutes PJ schließt ein, dass dem PhiP Aufgaben nicht nur zugeteilt werden, sondern ihm auch ihre Bearbeitung beigebracht wird. Mit Zeit für Erklärungen und Nachfragen, Platz für Fehler und auch einmal einem „Danke“, wenn der PhiP in der Offizin dann letztlich Arbeit abnimmt. Wenn dann noch die Bezahlung stimmt: Perfekt.

Das sollte allen ausbildenden Apothekern selbstverständlich sein. Ein Zurückdenken an die eigene PhiP-Vergangenheit könnte dabei auf die Sprünge helfen – genauso wie ein Blick in die Zukunft: Mit immer mehr Studierenden, denen die Motivation für die Offizin genommen wird, wird es bald noch weniger Apotheken geben.

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