„Betriebswirtschaftlich ein Drahtseilakt“

Apotheker mit der Lizenz zur FAM-Herstellung

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Berlin -

Nur noch wenige Apotheken besitzen eine Erlaubnis zur Herstellung von Fertigarzneimitteln (FAM). Eine davon ist die Kreuz-Apotheke in Seelze. Dr. Thomas Meyer leitet den Betrieb mit der gleichen Leidenschaft wie seine Vorfahren. Der 51-Jährige, der bis 2024 noch den Stada-Beirat anführte, setzte etwa durch, dass die hauseigenen Arzneimittel auf dem Markt bleiben dürfen. Von ihnen werden heute pro Jahr 4000 Packungen über Apotheken oder den Großhandel verkauft.

Constantin Meyer 1976 im Tablettierraum – seitdem wurden die Labor- und Herstellräume stetig modernisiert.Foto: Kreuz-Apotheke

Die Kreuz-Apotheke ist für vieles bekannt. Mit einem eigenen Analytiklabor werden verschiedene Firmen betreut. Zudem gab es bis 2024 die Nähe zum Generikakonzern Stada. Sie fungierte als Lieferapotheke und stellte in Lizenz für andere Apotheken sowie für den Eigenbedarf Stada-Arzneimittel her. Nicht nur Hustensäfte oder Tabletten, sondern auch ein Großteil der Grippostad-Dragees kam von dort. „Da habe ich früher zugeschaut“, erinnert sich Meyer. Vater und Sohn saßen viele Jahre dem Stada-Beirat vor, bis das Gremium 2024 aufgelöst wurde.

Alles begann in einer Drogerie

Der Betrieb wurde 1957 von Carl-Oscar Meyer gegründet. Während sein Vater Max Meyer wegen der teuren Ausbildung sein Pharmaziestudium seinerzeit abbrechen musste und sich mit einer Drogerie selbstständig machte, konnten sich seine Kinder und Enkelkinder selbstständig machen.

Mit dem hauseigenen Analytikangebot agiert die Kreuz-Apotheke als Dienstleister für andere Firmen.Foto: Kreuz-Apotheke

Seit 1977 verfügt sie über eine Herstellungserlaubnis nach § 13 des Arzneimittelgesetzes (AMG) und ein aktuelles GMP-Zertifikat Im Auftrag produziert der Betrieb auch Humanarzneimittel halbfester und flüssiger Arzneiformen. Meyer führt die pharmazeutische Passion seiner Familie fort. 2013 übernahm er von seinem Vater Constantin Meyer. Ein „Autodidakt“ im Bereich Herstellung und Analytik, wie sein Sohn ihn beschreibt, dem der alleinige Apothekenbetrieb nie ausgereicht habe.

Auch Meyer zeigt ein großes wissenschaftliches Interesse, entschied sich aber doch für das Vor-Ort Geschäft. Vor der Übernahme arbeitete er bereits seit zwölf Jahren in der Kreuz-Apotheke mit. Eine „Liebhaberei“, wie Meyer es nennt, ist die eigene Herstellung. Er setzte sich dafür ein, deren Zukunftsfähigkeit arzneimittelrechtlich zu sichern.

Vom Kosmetikum werden jährlich rund 2000 Packungen hergestellt.Foto: Kreuz-Apotheke

Zwei OTC-Präparate und ein Kosmetikum

Die Erkältungssalbe Tauwetter und der Kamillenextrakt Medicamill werden heute als OTC-Präparate produziert. Die Pflegecreme Phytoderma, heute als Kosmetikum deklariert, hat ebenfalls eine Historie als Arzneimittel. „Als ich ein Säugling war, hat mein Vater die Brand- und Wundsalbe entwickelt. Das Wasserdampfdestillat aus Kräutern hat so gut funktioniert, dass es weiterproduziert wurde.“ Auch der Kamillenextrakt stammt von seinem Vater, die Zulassung der Erkältungssalbe wurde zugekauft.

Eine eigenes Produktionsteam gibt es aber nicht. Das Apothekenteam ist dafür mitverantwortlich. „Betriebswirtschaftlich gesehen ist die Herstellung von Fertigarzneimittel ein Drahtseilakt und eine Gratwanderung“, sagt Meyer. „Nur wenn ich in der Herstellung das pharmazeutische Personal der Apotheke einsetze, funktioniert es, sonst wäre es wirtschaftlich nicht darstellbar.“ Nur diese drei Produkte als Hersteller anzubieten, würde nicht funktionieren, sagt er.

Der 2019 verstorbene Constantin Meyer mit seinem Sohn, Dr. Thomas Meyer.Foto: Kreuz-Apotheke

Die Räume insbesondere das Labor wurden seit den 1990er Jahren stetig erweitert und ausgebaut. „Es ist besonders wichtig, traditionell und gleichzeitig auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Man muss sich behaupten können.“ Heute gehören insgesamt 40 Angestellte und zwei Filialen zum Unternehmen. 2019 verstarb Constantin Meyer überraschend. „Er war bis zuletzt mit weit über 70 Jahren aktiv und als Qualified Person und Leiter der Herstellung aktiv.“ Auch heute wird seine Philosophie weiter fortgeführt.

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