ApBetrO

Apotheken dürfen mit Diskretion werben

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Berlin -

Eine möglichst diskrete Beratung ist Pflicht für alle Apotheker – ein separates Beratungszimmer allerdings nicht. Daher darf eine Apotheke in Nordrhein-Westfalen auch weiterhin damit werben, dass sie über einen „diskreten Beratungsbereich“ verfügt. Das hat das Landgericht Wuppertal (LG) entschieden.

Die Apotheke hatte mit einem Plakat im Schaufenster und einem Aufsteller auf dem Gehweg mit einer „Beratung in unserem diskreten Beratungsbereich“ geworben. Die Wettbewerbszentrale hielt das für eine Selbstverständlichkeit und mahnte die Apotheke ab.

Eine Werbung für eine Selbstverständlichkeit kann einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellen – wenn nämlich die Betrachter davon ausgehen, dass es sich dabei um eine besondere Leistung handelt und nicht um etwas, das gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Wettbewerbszentrale kritisierte, dass mit dem Plakat und dem Aufsteller der Eindruck vermittelt werde, andere Apotheken böten keine diskrete Beratung. Zudem sei nicht gesichert, dass in dem Raum geführte Gespräche nicht doch von Dritten gehört werden könnten.

Die Richter sahen das anders und entschieden zugunsten der Apotheke. Schließlich schreibe die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) lediglich vor, die Vertraulichkeit so zu gewähren, „dass das Mithören des Beratungsgespräches durch andere Kunden weitestgehend verhindert wird“. Der Beratungsraum der Apotheke, der durch zwei Wände und Türen vollständig von der Offizin abgetrennt sei, sei daher keine Selbstverständlichkeit, sondern gehe über den Mindeststandard hinaus.

Irrelevant ist aus Sicht der Richter, ob der Raum vollkommen schalldicht ist. „Denn jedenfalls bietet er gegenüber dem öffentlich zugänglichen Einzelverkaufstresen ein gesteigertes Maß an Diskretion“, heißt es in der Begründung. Durch die Wände und Türen sei ein vollständiger Sichtschutz und ein erhöhter Schallschutz gewährleistet. Mit dieser Besonderheit dürfe die Apotheke auch werben.

Vergeblich argumentierte die Wettbewerbszentrale, dass der Beratungsraum nicht nur als solcher verwendet werde, sondern es dort auch einen Kopierer und Wandregale gebe. Die Richter stellten jedoch klar, dass der Beratungsraum auch anderen Zwecken als der Beratung dienen dürfe. „Es kann nicht verlangt werden, einen Beratungsraum nur dann als solchen bewerben zu dürfen, wenn er ausschließlich zu diesem Zweck genutzt wird.“

Außerdem kann eine Einrichtung mit Wandregalen den Richtern zufolge der Diskretion sogar dienlich sein: Produkte, die Kunden sich nur ungern vor den Augen der Öffentlichkeit übergeben lassen, könnten direkt dort gelagert werden. Auf den Regalen seien schließlich Windeln und Inkontinenzeinlagen gelagert worden.

Schließlich betonten die Richter, dass sich die Formulierung „diskret“ nicht auf die Beratung als solche beziehe, sondern auf den Beratungsbereich. Daher werde nicht der Eindruck erweckt, eine vertrauliche Beratung sei nur in dieser Apotheke, nicht aber in anderen möglich. Das Fazit: Die Apotheke werbe nicht für das, wozu sie gesetzlich verpflichtet sei, sondern über ein darüber hinausgehendes Angebot.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Wettbewerbszentrale wird nach eigenem Bekunden Berufung einlegen. Sollte das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) das Urteil bestätigen, hätten die Apotheker zumindest eine Richtschnur, was sie bewerben dürften, hieß es aus Bad Homburg.

Welche Anforderungen die Aufsicht an die Diskretion der Beratung stellt, hängt vom Bundesland und dem zuständigen Pharmazierat ab. Auch das jeweilige Leistungsangebot der Apotheke ist relevant, da je nach Service ein höherer Grad an Diskretion notwendig ist.

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