Autoimmunerkrankungen

Fresh-up: Zöliakie

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Berlin -

Sich glutenfrei zu ernähren, ist in. Doch in Wirklichkeit handelt es sich bei Zöliakie um eine seltene Autoimmunerkrankung. Betroffene müssen lebenslang die Zufuhr von glutenhaltigen Nahrungsmitteln konsequent einschränken. Auch die Nachfrage in der Apotheke nach glutenfreien Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln steigt. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Zöliakie?

Gluten ist auch bekannt als „Klebereiweiß“ und kommt in vielen Getreidesorten wie beispielsweise Weizen, Dinkel und Roggen vor. Es ist ein Gemisch aus den Proteinen Prolamin und Glutelin und für die Backeigenschaften von Mehl von essentieller Bedeutung. Im Weizen wird die Prolaminfraktion als Gliadine bezeichnet. Gluten sorgt dafür, dass ein homogener und elastischer Teig entsteht. Zöliakiebetroffene vertragen kein Gluten und und müssen lebenslang auf Nahrungsmittel mit solchen Inhaltsstoffen verzichten. Die Erkrankung äußert sich durch eine Entzündungsreaktion im Dünndarm, die selbst durch kleinste Mengen Gluten stimuliert wird. Folglich kommt es zu einem Gewebeschwund der Darmepithelzellen. Da sich die Darmzotten zurückbilden, führt dies zu einer Malabsorption von Nährstoffen und Vitaminen. In der Folge können Mangelerscheinungen auftreten. Das Immunsystem der Betroffenen bildet zudem Antikörper gegen das körpereigene Enzym Gewebetransglutaminase.

Nach Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Zöliakie (DZG) sind in Deutschland rund 800.000 Menschen von Zöliakie betroffen. Die Krankheit kann sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen in jedem Alter auftreten, eine Vorbeugung ist derzeit nicht möglich. Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1, Rheumatoider Arthritis, autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen und Trisomie 21 (Down-Syndrom) haben ein erhöhtes Risiko, daran zu erkranken.

Das typische Krankheitszeichen der Zöliakie ist Durchfall, weiterhin kann es bei Erwachsenen zu Gewichtsverlust, Appetitmangel, Schlafstörungen, Müdigkeit oder Depression kommen. Es ist auch möglich, dass sich die Erkrankung nur oder vorwiegend an der Haut manifestiert. Die sogenannte Dermatis herpetiformis Duhring kann auftreten, ein bläschenförmiger Hautausschlag, der mit starkem Juckreiz verbunden ist. Im Kindesalter sind zudem Wachstumsstörungen, Blähbauch sowie Eisenmangel charakteristisch.

Da die Symptome unspezifisch sind, ist die Diagnose erschwert. „Eine Zöliakie ist sicher, wenn die Antikörper positiv nachzuweisen sind, man die typischen histologischen Veränderungen nachweisen kann und die Antikörper unter Diät rückläufig sind“, sagt die DZG. Schnelltests, die über die Apotheke bezogen werden können, werden nicht empfohlen. Für eine endgültige Absicherung der Diagnose sei eine endoskopisch durchgeführte Dünndarmbiopsie erforderlich. Betroffenen kann in der Apotheke empfohlen werden, nicht nur auf die Auswahl der Nahrungsmittel zu achten, sondern auch auf die richtige Lagerung sowie Vor- und Zubereitung der Speisen, um Verunreinigungen mit Gluten zu vermeiden.

Doch das Klebereiweiß steckt nicht nur in Lebensmitteln, auch in diversen Arzneimitteln kann Gluten vorkommen, bei denen stärkehaltige Grundlagen verwendet wurden. „Es ist durchaus möglich, dass beispielsweise bei Tabletten, die Weizenstärke enthalten, der Grenzwert von 20 ppm überschritten wird. Auch wenn die absolute Menge an Gluten insgesamt aufgrund der Größe der Tablette sehr gering ist, würden wir dazu raten, nach Alternativpräparaten zu schauen, damit sich keine kleineren Glutenmengen aufaddieren“, so eine Sprecherin des DZG. Es kann aber auch in zugesetzten Aromasoffen enthalten sein. „Gluten als Zusatz von Aromen und anderen Inhaltsstoffen muss nicht aufgelistet werden, sodass allein anhand der Zusammensetzung nicht erkennbar ist, ob ein Medikament Gluten enthält oder nicht.“ Die DZG stellt Mitgliedern Listen mit glutenfreien Arzneimitteln zur Verfügung.

„Bereits 0,125 Gramm Weizenmehl kann Beschwerden auslösen, neue Entzündungen im Dünndarm hervorrufen und damit das Risiko für möglichen Begleiterkrankungen wie Lactoseintoleranz, Osteoporose, Zahnschmelzdefekte oder Blutarmut erhöhen“, so die Sprecherin. Gerade bei Arzneimitteln, die regelmäßig aufgenommen würden, könne eine relevante Menge an Gluten aufgenommen werden. Da auch kleinste Mengen der Substanz die Entzündung stimulieren, kann es für die pharmazeutische Beratung hilfreich sein, den Glutengehalt beim Arzneimittelhersteller zu erfragen.

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