Westfalen-Lippe

Stärkster Rückgang der Apothekenzahlen seit 1945

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Berlin -

Mit einem weiteren Negativrekord startet die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) in ihr Jubiläumsjahr 2020: Die Zahl der Apotheken in Westfalen-Lippe ist weiterhin stark rückläufig. Für 2019 vermeldet die AKWL den stärksten Rückgang der Betriebsstätten in der nunmehr 75-jährigen Geschichte der berufsständischen Selbstverwaltung.

„65 Apothekenschließungen standen im vergangenen Jahr leider nur elf Neueröffnungen gegenüber“, sagt Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Walter. Damit verringerte sich die Gesamtzahl der Apotheken im Landesteil um 54 auf nur noch 1868. Weiterhin wird etwa jede vierte Apotheke in Westfalen-Lippe als Filiale betrieben. Die AKWL zählte zum Jahresende insgesamt 1397 Haupt- beziehungsweise Einzelapotheken (minus 45) und 471 Filialapotheken (minus 9).

Zahl der Selbstständigen auf dem Niveau von 1970

„Die Zahl der Selbstständigen in unserem Beruf ist damit auf das Niveau des Jahres 1970 zurückgefallen“, bilanziert Walter, der auch befürchtet, dass sich der Negativtrend auch 2020 fortsetzen wird. Die Apothekenzahlen seien jetzt bereits im 15. Jahr in Serie rückläufig. „Wir warten weiterhin darauf, dass sich die Lippenbekenntnisse der Großen Koalition zur Stärkung der Apotheke vor Ort endlich in konkretem politischen Handeln niederschlagen. Nur mit warmen Worten und Ankündigungen allein werden wir die flächendeckende Versorgung der Patienten in Westfalen-Lippe nicht sichern können“, kritisiert er.

Als konkrete Gründe für die Schließungen sieht die Kammer unter anderen die unzureichende Dynamisierung der apothekerlichen Vergütung, die Konkurrenz durch ausländische Versender und die zunehmende Konzentration von Medizinern in Ärztezentren. Auch der demographische Wandel spielt eine entscheidende Rolle: Fast 500 Inhaber sind 60 Jahre und älter, jeder zehnte Inhaber ist sogar 70 Jahre und älter: „Wenn es uns nicht gelingt, mehr junge Apotheker für eine selbstständige Tätigkeit zu begeistern, wird sich der Negativtrend weiter fortsetzen“, befürchtet Walter.

Stärkste Rückgänge in Gelsenkirchen, Hagen und Recklinghausen

Die deutlichsten Rückgänge gab es 2019 in den Städten Gelsenkirchen (minus 5), Hagen (-4) und Recklinghausen -3). Jeweils zwei Apotheken verloren die Städte Bad Salzuflen, Dortmund, Gütersloh, Hamm, Herten und Siegen.

Die AKWL sieht durch den Rückgang erste Auswirkungen auf eine flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln: „In einigen Regionen und Städten wird die Luft immer dünner.“ Dass in Westfalen-Lippe binnen 15 Jahren 400 Apotheken für immer vom Netz gegangen seien, mache sich natürlich bemerkbar, unter anderem in einer stärkeren Notdienstbelastung der verbleibenden Apotheken. „Wir brauchen daher ganz dringend verlässliche Rahmenbedingungen, damit die Apotheken auch weiterhin die flächendeckende Versorgung über Tag und in der Nacht gewährleisten können“, fordert Walter.

Im gesamten Bundesgebiet gab es nach Zahlen der ABDA Ende September noch 19.196 Apotheken registriert. Das waren 227 weniger als Ende 2018. In allen Kammerbezirken gab es mehr Schließungen als Neueröffnungen. Die Zahl der selbstständigen Apothekenleiter ist ebenfalls zurückgegangen. Während im Jahr 2018 noch 14.882 Haupt- beziehungsweise Einzelapotheken registriert wurden, waren es am Ende des dritten Quartals 2019 nur noch 14.613 und damit 269 weniger. Seit 2009 sinkt die Zahl der Apotheken, mit 325 Schließungen netto gab es 2018 den bisherigen Negativrekord. Dieser könnte auch übertroffen worden sein.

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