Memorandum gegen Bürokratiewahnsinn

„Reiner Selbstzweck“: Ärzte haben QMS-Gängelei satt

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Berlin -

Die Bundesärztekammer (BÄK) sieht die Entwicklung der gesetzlichen Vorgaben zu Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement kritisch: Der bürokratische Aufwand stehe in keinem Verhältnis mehr zum potenziellen Nutzen für die Patientenversorgung. Die immensen Anforderungen beispielsweise im Zusammenhang mit der Dokumentation hätten sich zu einem Selbstzweck entwickelt, bei dem der Fokus nicht auf dem eigentlichen Ziel der Qualitätsverbesserung liege, sondern vor allem auf der externen Kontrolle, heißt es in dem vom Vorstand verabschiedeten Memorandum „Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement 2020 aus ärztlicher Sicht – Mehrwert für die Patientenversorgung“.

Die externe Qualitätssicherung habe einen Weg eingeschlagen, der dem Grundgedanken der Qualitätsförderung zuwiderlaufe, so die BÄK. Sie verfehle damit ihr Ziel, zur Gewährleistung von Qualität und Sicherheit der Versorgung der Patienten beizutragen. Die ohnehin knappen personellen Ressourcen in den Arztpraxen und Krankenhäusern würden mit ausufernden bürokratisch-formalistischen Anforderungen gebunden – Zeit und Ressourcen, die in der Konsequenz in der direkten Versorgung fehlten.

Die BÄK fordert eine Rückbesinnung auf den eigentlichen Kern von Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement – der Verbesserung der Patientenversorgung. Notwendig sei eine Verschlankung der gesetzlich formulierten Anforderungen. Diese müssten sich daran messen lassen können, inwiefern ein tatsächlicher Mehrwert für die Qualität der Patientenversorgung geschaffen werde.

Qualitätsmanagement „richtig gedacht und gut gemacht“ unterstütze Ärzte in der Patientenversorgung, statt sie mit aufwändigen Dokumentationstätigkeiten zu überfrachten, deren Nutzen sowohl für Patienten als auch für die Ärzteschaft kaum mehr nachvollziehbar sei, betonten die beiden Vorsitzenden der Qualitätssicherungsgremien der BÄK, Dr. Susanne Johna und Dr. Günther Jonitz.

Internes Qualitätsmanagement sei eine Führungsaufgabe in Krankenhäusern und Arztpraxen – externe Qualitätssicherung sei ergänzend nur dann sinnvoll, wenn Ärzte und Patienten beispielsweise durch neue Erkenntnisse profitierten. „QS und QM dienen nicht dazu, allokative Fehlanreize oder Versäumnisse in der Bereitstellung von Ressourcen oder Versorgungsinfrastrukturen zu kompensieren.“

Die Ärztekammern unterstützten QS-/QM-Maßnahmen, hielten es aber gleichzeitig für essenziell, Ärzte von Dokumentationstätigkeiten zu entlasten, um die gewonnene Zeit wieder der Patientenversorgung zur Verfügung zu stellen. Dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im März wegen der Corona-Probleme zahlreiche Richtlinien und Regelungen auszusetzen musste, um medizinisches Personal nicht von klinischen Tätigkeiten abzuhalten, unterstreicht laut BÄK die inzwischen grenzwertige Belastung durch Dokumentationsaufgaben im Klinikalltag.

 

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