Klinikapotheke

Kosten für Apotheken-Umbau explodieren

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Berlin -

Der Umbau der Apotheke der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wird mehr als 25 Prozent teurer als geplant. Ursprünglich waren zwölf Millionen Euro veranschlagt, jetzt rechnet das niedersächsische Finanzministerium mit Baukosten von 15,2 Millionen Euro.

Das Land Niedersachsen investiert in die Sanierung und für Neubauten der MHH rund eine Milliarde Euro. Ein Teil davon ist für die Zentralapotheke vorgesehen, die seit Frühjahr 2011 während des laufenden Betriebes saniert wird. An der MHH fühlt man sich für detaillierte Auskünfte nicht zuständig: „Unsere Hochschule hat die Apotheke weder geplant noch gebaut, wir sind ein Betrieb des Landes Niedersachsen“, sagt ein Sprecher. „Die Hochschule wurde saniert und erweitert, das hat sich ein bisschen hingezogen.“

Im Hochschulmagazin „MHH Info“ las sich das 2011 noch ungleich euphorischer: „Im Herbst 2014 soll alles fertig sein. Wir werden dann für die nächsten Jahrzehnte eine Arzneimittelherstellung auf hohem Niveau gewährleisten können.“ Vier Bauabschnitte waren geplant, in denen unter anderem eine neue Sterilabteilung eingerichtet, die Arzneimittelausgabe modernisiert, die Warenabteilung verlegt und die Büros umgebaut werden sollten.

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung bezeichnet die Bausituation mittlerweile als „gravierende Fehlplanung“ und wirft die Frage auf: „Sind die staatlichen Baufachleute überfordert?“ Seit Monaten werden immer neue Planungsfehler bei Bauten für die MHH bekannt. Die Neue Presse berichtet von Pannen beim Neubau des Zentrallabors, das seit drei Jahren leer steht und dessen Planungsfehler sich auf 5,5 Millionen Euro summieren sollen.

„Das Gebäude sollte ursprünglich 2014 an die MHH übergeben werden“, sagt eine Ministeriumssprecherin. „Nach Abschluss der Ausschreibung des Labor-Analysesystems stellte sich 2014 heraus, dass ein höherer Strombedarf als erwartet erforderlich sein würde.“ Daraufhin wurde die Stromversorgung umgeplant und ergänzt, die Fertigstellung ist für das Frühjahr 2018 vorgesehen. Der Neubau der ambulanten Heilklinik und Urologie wird 2,6 Millionen Euro teurer als geplant, ursprünglich sollte sie 19,1 Millionen Euro kosten.

Ursache: Planungsfehler und Bauverzögerungen. Sie entstanden dadurch, dass Dieselrückstände auf dem Baugrundstück gefunden wurden, die saniert werden mussten. Die Liste der Pannen ist lang und reicht von teilweise vergessenen Umkleidekabinen für das Pflegepersonal über Badewannen, die wieder ausgetauscht werden mussten, weil sie nicht höhenverstellbar waren, bis zum Fehlen von Notfallbehandlungszimmern neben der Chemotherapie.

Die MHH-Apotheke ist ein Teil des Gesamtproblems, sie gehört zu den zentralen Einrichtungen der Hochschule und versorgt Kliniken und Institute mit Arzneimitteln, Ernährungslösungen, Infusions- und Desinfektionslösungen, Chemikalien und Diagnostika. Jedes Jahr werden 32.000 Zytostatika, 35.000 sterile Arzneimittel, 23.000 nicht sterile Rezepturen, 20.000 aseptische Zubereitungen und mehr als 1000 klinische Prüfmuster hergestellt. Die Apotheke wurde in großen Teilen schon 2015 fertiggestellt, Probleme gibt es im Reinraum zur Herstellung von Medikamenten und Nahrungsmitteln für Frühchen, der nur bedingt in Betrieb gehen konnte. Seit März läuft die Arbeit hier im Probebetrieb, wie es weitergehen soll, ist derzeit offen.

Die Baumaßnahmen der Apotheke sind in vier Abschnitte geteilt, im ersten wurden die Verwaltung und Büros sowie der Technikanbau fertiggestellt und 2013 übergeben. Der 2. Bauabschnitt, die Warenannahme, ist seit 2015 in Betrieb. „Bauabschnitt 3 beinhaltet die Reinräume zur Zytostatikaherstellung, die sich seit März 2017 im Probebetrieb befindet. Die Übergabe der Offizin mit Arzneimittelkomissionierung und -ausgabe ist für Juli 2017 vorgesehen“, so die Ministeriumssprecherin. Beim 4. Bauabschnitt, den Reinräumen mit Rezeptur und Defektur soll nach der Genehmigung eines vorliegenden Nachtrages fertiggestellt werden.

„Ursprünglich wurde von Bau- und Erschließungskosten von rund zwölf Millionen Euro ausgegangen“, sagt eine Sprecherin des niedersächsischen Finanzministeriums. „In der Zwischenzeit gab es zwei Nachträge, die eine Kostensteigerung von zusammen rund 500.000 Euro darstellen. Aktuell ist ein dritter Nachtrag in der Prüfung, da zwischenzeitlich Kostensteigerungen durch zusätzliche bauliche Maßnahmen und zusätzliche Maßnahmen im Bereich der Außenanlagen entstanden sind. Nach derzeitiger Einschätzung beträgt dieser Nachtrag 2,1 Millionen Euro.“

Doch das ist noch nicht alles: „Derzeit zeichnet sich bereits ab, dass für Wärmedämmung im Dach und wegen zusätzlicher Arbeiten an der Lüftungsanlage weitere 600.000 Euro fällig werden könnten. Diese Zahlen sind allerdings noch vorläufig. Insgesamt gehen wir mit Stand heute von Bau- und Erschließungskosten in Höhe von 15,2 Millionen aus.“

Die Mehrkosten haben laut Finanzministerium verschiedene Gründe. „Das Bauen im Bestand ist mit Risiken verbunden, der Umfang abgängiger Bausubstanz und Gebäudetechnik hat sich hier als größer herausgestellt, als während der Planungsphase zu erkennen war. Der Gebäudebestand an der MHH ist über 40 Jahre alt und inzwischen geprägt von einer überalterten Bau- und Techniksubstanz mit hohen Modernisierungskosten, starken Abnutzungserscheinungen mit hohen Instandhaltungskosten und überholten Grundrissen, die effiziente Abläufe und interdisziplinäre Nutzung erschweren. Hinzu kommt, dass benachbarte bettenführende Gebäude nur bestimmte Zeitfenster für Bauarbeiten zulassen, um die Lärmbelastung für Patienten zu reduzieren.“

Die MHH hat 1520 Planbetten und rund 61.000 Behandlungsfälle im Jahr, zu den Fachrichtungen gehören unter anderem Unfallchirurgie, Augenheilkunde, Dermatologie, Gastroenterologie und Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie.

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