In der aktuellen Folge des Zeit-Podcasts „Alles gesagt?“ spricht SPD-Chef Lars Klingbeil nicht nur über politische Themen – erstmals macht er auch eine persönliche Geschichte öffentlich: seine Krebserkrankung vor rund zehn Jahren.
Über sechs Stunden dauert das Gespräch zwischen den Redakteuren und dem SPD-Politiker. Im Verlauf der Sendung berichtet Klingbeil erstmals öffentlich von einer überstandenen Krebserkrankung im Jahr 2014.
Klingbeil war nach eigener Aussage jahrelang starker Raucher. Angefangen habe er erst mit etwa 25, sagt er im Podcast. Zwischenzeitlich habe sein Konsum bei rund 40 Zigaretten am Tag gelegen.
Ein Jahr, nachdem er sich entschieden habe, mit dem Rauchen aufzuhören, habe er ein Karzinom – eine bösartige Gewebeveränderung – unter der Zunge entdeckt und sich entschieden, das untersuchen zu lassen.
Vor der Operation habe der Arzt ihm gesagt: „Es kann sein, dass du danach wieder total in Ordnung bist, aber dass du nicht mehr sprechen kannst.“ Ein paar Tage später sei er dann ins Zimmer gekommen und habe gesagt: „Es ist nichts ins Gewebe eingedrungen. Sie haben einen zweiten Geburtstag heute.“ Durch diesen „sehr entscheidenden Moment“ habe sich einiges für ihn relativiert.
Dass er erfolgreich behandelt werden konnte, bezeichnet Klingbeil im Podcast als „sehr großes Glück“. Seither habe er keinen Rückfall erlitten und gelte als geheilt. Seit elf Jahren sei er nun bereits rauchfrei.
Die Erfahrung präge ihn bis heute, so der SPD-Vorsitzende: „Man blickt schon anders auf das Leben, wenn man einmal kurz vor der Klippe stand. Zungenkrebs hat sehr wenig Chancen auf eine Heilung.“
Auf die Frage, wie sich sein Leben als Politiker verändert habe, sagte Klingbeil, er sei durch die Erfahrung vor allem gelassener geworden. Vorher habe er Dinge „sehr viel krampfhafter, zwanghafter“ regeln wollen. „Das gibt mir schon eine sehr große innere Ruhe, dass ich diesen Moment in meinem Leben hinter mich gebracht habe und den auch erfolgreich bestanden habe.“
Er habe damals zunächst sein ganzes Leben infrage gestellt. Nach einer Phase des Nachdenkens habe er dadurch aber auch Klarheit gefunden für den Weg, den er gehen wolle.
Im Gespräch beschrieb Klingbeil zudem sein Verhältnis zu CDU-Chef Friedrich Merz als belastbar, aber nicht freundschaftlich. „Wir planen jetzt beide nicht, Freunde zu werden“, so Klingbeil. Beide wüssten um ihre gemeinsame Verantwortung.
Klingbeil lobte CSU-Chef Markus Söder für seine Fähigkeit, in schwierigen Verhandlungen „den Knoten durchgeschlagen“ zu haben und bescheinigte beiden, Kompromissbereitschaft gezeigt zu haben.
Aktuell läuft das Mitgliedervotum der SPD zum Koalitionsvertrag. Kritik, insbesondere von einigen Juso-Landesverband, gibt es unter anderem an der Migrationspolitik. Klingbeil erklärte im Podcast, dass er nicht belehrend gegenüber den Jusos auftreten wolle. Trotzdem fände er eine Ablehnung der Koalition mit der Union falsch.
Klingbeil bezeichnet sich im Podcast als überzeugten Transatlantiker. Ein voreiliges Abwenden von den USA lehne er ab. Auch wenn die Zusammenarbeit aktuell schwierig sei, müsse man dennoch den Republikanern die Hand reichen.
Eine Partnerschaft mit China könne die USA nicht ersetzen. „Wir haben gewisse Wertevorstellungen und die sollten wir jetzt nicht über den Haufen werfen.“ Diesen Fehler habe man mit Russland gemacht, so Klingbeil.
Zungenkrebs ist eine Form des sogenannten Mundhöhlenkarzinoms. Diese Art von Tumor kann nach Angaben der darauf spezialisierten Uniklinik Düsseldorf überall in der Mundhöhle auftreten – die Zunge ist dabei vergleichsweise häufig betroffen. Insgesamt handelt es sich bei Zungenkrebs nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums jedoch um eine extrem seltene Krebsart. Rauchen gilt Hauptrisikofaktor für die Erkrankung.
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