Bundespressekonferenz

Spahn: Impfungen können dritte Welle nicht stoppen

, , Uhr
Screenshot
Berlin -

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Bevölkerung darauf eingestimmt, dass die dritte Corona-Welle in Deutschland nicht durch Impfungen gestoppt werden kann. „Wir befinden uns in der dritten Welle der Pandemie, die Zahlen steigen, der Anteil der Mutationen ist groß“, sagte Spahn.

Zum Video

„Zur ehrlichen Lageanalyse gehört: Es gibt in Europa noch nicht genügend Impfstoff, um die dritte Welle allein durch Impfen zu stoppen“, sagte Spahn. „Selbst wenn die Lieferungen aus EU-Bestellungen nun zuverlässig kommen, wird es noch einige Wochen dauern, bis die Risikogruppen vollständig geimpft sind“, so der CDU-Politiker. „Erst dann können wir auch über breitere Öffnungen der Gesellschaft reden. Wir werden also noch einen langen Atem brauchen.“

Die steigenden Infektionszahlen könnten bedeuten, dass es vielleicht keine weiteren Öffnungsschritte geben könne - sondern „sogar Schritte rückwärts“ nötig würden. An diesem Montag wollen die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die weiteren Schritte bei den Beschränkungen beraten.

Laut Professor Dr. Lars Schaade, Vizepräsident des Robert Koch-Instituts (RKI), steigen die Zahlen wieder stark an, vor allem bei jüngeren Menschen. „Das ist ein exponentielles Wachstum.“ Dies lasse sich auch nicht darauf zurückführen, dass mehr Tests durchgeführt würden. Womöglich sei die Situation zu Ostern ähnlich der zu Weihnachten, mit zahlreichen Infektionen und Corona-Patienten in Kliniken.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte, er begrüße die Entscheidung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), sie habe ihn nicht überrascht. Er erklärte, dass es keinen Hinweis gebe, dass der Impfstoff für jüngere Frauen ein Risiko darstelle. Denn bislang seien diese besonders häufig damit geimpft worden, sodass es auch eine statistische Häufung geben könnte. Möglicherweise gebe es die Nebenwirkungen auch in anderen Altersgruppen.

Man müsse differenzieren zwischen der allgemeinen Thrombose und der hochspezifischen Thrombose in den Venen. Erstere sei bei der Anwendung von AstraZeneca nicht erhöht – das sei eine gute Nachricht, weil sie sehr häufig auftrete. Was die bei der Impfung beobachtete Thrombose angehe, sei ein kausaler Zusammenhang möglich. Dennoch sei der Impfstoff sicher und der Nutzen klar: So werde das Risiko einer Krankenhauseinweisung wegen Covid-19 schon nach erster Impfung um 95 Prozent gesenkt.

Was die aktuellen Infektionszahlen angehe, so sei man bereits mitten drin im exponenziellen Wachstum – und das trotz Lockdown. Bereits Mitte April müssen mit einer Inzidenz von 200 gerechnet werden. Daher müsse man frühzeitig zurück in einen schnellen und harten Lockdown. „Mit jeder Woche Verzögerung verliert man hinten raus zwei bis drei Wochen mindestens – und habe höhere Todeszahlen. Es macht keinen Sinn zu warten. Je früher man beginnt, desto kürzer ist der Lockdown.“

Der Anstieg sei real und mit dem Testen alleine nicht zu beherrschen. Maximal ein Drittel der Infektionen ließe sich auf die häufigeren Tests zurückführen. Aber systematische Tests zweimal pro Woche in Schulen und Betrieben ließe sich der R-Wert um 0,3 bis 0,4 absenken. „Diese Möglichkeit sollten wir nicht verschenken.“ Dies sei die wichtigste „Brückentechnologie“. Bei mangelnder Verfügbarkeit müsse man darüber nachdenken, den freien Verkauf einzuschränken.

Die Impfreihenfolge sollte beibehalten werden, so Lauterbach. Denn ältere Menschen hätten ein viel höheres Risiko. Sinnvoll sei aber eine Verzögerung der Zweitimpfung, um schnell eine Durchimpfung der Bevölkerung zu erreichen. Lauterbach sprach sich gegen Reisen zu Ostern aus und für eine obligatorische Testung aller Reiserückkehrer. Die gefährlichen Mutanten warteten vor der Haustüre und müssten dringend gestoppt werden.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte