Eine Woche Apotheke

Inhaber lädt Kassenchefin zum Praktikum ein

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Berlin -

Während die Apothekerschaft über die fehlende Honorarerhöhung – trotz Ankündigung im Koalitionsvertrag – empört ist, kam die Ankündigung von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bei den Kassen gut an. Auf einer Veranstaltung erklärte AOK-Chefin Dr. Carola Reimann, die Absage an das Apothekenhonorar sei einer der wenigen Bereiche, in dem bei der Politik mittlerweile „Realitätssinn“ eingekehrt sei. Der Inhaber der Osterland-Apotheke im thüringischen Schmölln, Dr. Lutz Gebert, lädt Reimann in seine Apotheke ein, um ihr die Realität vor Ort näherzubringen.

In einer Mail macht Gebert der AOK-Chefin das Angebot zum Kennenlernen der täglichen Herausforderungen: „Eine Woche Praktikum in meiner Apotheke. Damit möchte ich Ihren persönlichen ‚Realitätssinn‘ schärfen.“

In dieser Woche möchte der Apotheker der Kassenchefin die Möglichkeit geben, den Apothekenalltag hautnah zu erleben: Eine Woche mit 50 Stunden Öffnungszeit – zuzüglich Notdienst – mit allen Problemen, die die Apothekerschaft zu bewältigen habe: Lieferengpässe und Rabattvertragsversorgung, Hilfsmittelverträge und abstürzende Telematikinfrastruktur, elektronische Kostenvoranschläge und überbordende Bürokratie. „Die Bezahlung ist so üppig wie vor 16 Jahren“, fügt er an.

„Null Wertschätzung“

Die Aussagen der Gesundheitsministerin auf dem Deutschen Apothekertag (DAT) seien ein Schock gewesen, erklärte er. Als viel schlimmer empfinde Gebert aber die demoralisierende Wirkung: „Null Wertschätzung für den Berufsstand.“

Die Apothekenzahl in Deutschland sinke derweil beständig weiter, mehr als ein Viertel habe schon aufgegeben – Tendenz steigend. „Wollen Sie das wirklich? Wollen Sie wirklich weiße Flecken in der Versorgung der Patienten?“ In manchen Bundesländern habe man schon die Notdienstrichtlinien ändern müssen, um eine Versorgung sicherzustellen.

Leistungen ohne Vergütung

Der Anteil der Apothekenkosten an den Gesundheitsausgaben liegt laut Gebert bei rund 2 Prozent, selbst die Verwaltungsausgaben der Krankenkassen sind mit mehr als 4 Prozent höher. Der Inhaber fragt, warum eine PTA bei Tarifgehalt – und höherer direkter Verantwortung – in der Apotheke deutlich weniger verdiene als bei einer Krankenkasse.

Zudem stellte er infrage, warum die Apotheken viele Leistungen ohne jegliche Vergütung erbringen müssten. Dabei verwies Gebert zum Beispiel auf das Handling von Rabattverträgen, Herstellerinkasso, Securpharm, elektronische Kostenvoranschläge im Hilfsmittelbereich und den Botendienst. Er moniert außerdem, warum es immer noch keine gültige Hilfstaxe mit kostendeckenden Preisen für die Ausgangsstoffe gibt.

Auf eine Antwort der Kassenchefin wartet Gebert immer noch.

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