Fachgeschäfte statt Apotheken

Hanfverband: Kein Cannabis zu Apothekenpreisen

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Berlin -

Im Koalitionsvertrag haben sich die Ampel-Parteien auf die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken geeinigt. Der Deutsche Hanfverband (DHV) hat für die anstehenden politischen Diskussionen zur Umsetzung sein Legalisierungskonzept vorgestellt. Eine Position: Nicht die Apotheken sollen den Verkauf übernehmen, sondern staatlich lizenzierte Fachgeschäfte.

In Berlin könnten demnächst die politischen Gespräche zur Umsetzung der vereinbarten kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene beginnen. Der DHV als größte Interessenvertretung von Befürwortern der Legalisierung will mit seinem Konzept die Sicht von Konsumenten und Aktivisten in die Diskussion einbringen. Man sieht sich als Gegengewicht zu unternehmerischen Interessen und grundsätzlich ablehnenden Kräften.

Grundsätzlich tritt der DHV für ein legale Abgabe von Cannabis ab 18 Jahren ein. „Unser Leitgedanke dabei: Grundsätzlich besteht kein Grund, Cannabis stärker zu regulieren als Alkohol. Insbesondere für Erwachsene ist das Risiko des Cannabiskonsums geringer einzustufen als der von Alkohol. Regulierungsvorschläge, die hier für Cannabis unterbreitet werden, sollten demnach konsequenterweise auch für Alkohol und Tabak Anwendung finden.“

Alle Vorschläge bezögen sich auf Hanfprodukte, deren THC-Gehalt höher liege als von der EU für Nutzhanf vorgeschrieben und die damit geeignet seien, einen Rausch zu erzeugen. „Derzeit sind das 0,3 Prozent THC, wobei wir eine moderate Erhöhung des Wertes vorschlagen. Auch ein etwas höherer Wert würde den Konsum als Rauschmittel ausschließen, den Landwirten und Produzenten aber ermöglichen, das volle Potential der Pflanze zu nutzen.“

Fachgeschäfte statt Apotheken

Der Verkauf von Cannabis sollte ausschließlich durch staatlich lizenzierte Fachgeschäfte erfolgen und nicht in Apotheken, um die sinnvolle Trennung von Genussmitteln und Medizin weiterhin zu gewährleisten. „Cannabis sollte nur in Cannabis-Fachgeschäften verkauft werden und nicht in Supermärkten, Tankstellen, Kiosken etc.“, heißt es dazu. „Auch Apotheken sind nicht geeignet, Cannabis als Genussmittel zu verkaufen, ebensowenig wie Bier und Spirituosen.“ Denn: „Mit Cannabis zu Apothekenpreisen, schlechter Auswahl und schlechter Beratung wird die Legalisierung scheitern. Nur wenn die Konsumenten das Angebot annehmen, lässt sich der Schwarzmarkt verdrängen“, so DHV-Sprecher Georg Wurth.

Diese Fachgeschäfte sollen eine staatliche Lizenz haben, die ihnen bei Nichtbeachtung der Regeln wieder entzogen werden kann. Das Personal muss geschult sein in Bezug auf Sorten, Kultur und Konsumberatung, aber auch in Bezug auf Hilfsangebote. Ausführliches Info-Material zu Hilfsangeboten sowie zu Wirkungen, THC-CBD-Verhältnis und den Risiken des Konsums soll verpflichtend in den Fachgeschäften sichtbar zur Verfügung stehen.

„Insgesamt sollten die Marktbedingungen so gestaltet sein, dass auch kleine Anbieter bei Produktion und Einzelhandel eine Chance haben, damit nicht nur große Konzerne produzieren können und nur Einzelhandelsketten die Marktmacht inne haben.“ Der Konsument sollte die Wahl haben, ob er preiswerte Ware aus der industriellen Produktion oder Bio-Cannabis aus der Region kauft. Der Erwerb von Lizenzen darf zum Beispiel nicht mit zu hohen Kosten und bürokratischen Hürden verbunden sein.

Verkauft werden darf ausschließlich an Personen ab 18 Jahren mit Ausweiskontrollen. Lizenzierte Fachgeschäfte sollen ihre Ware außerdem auch online anbieten dürfen. „Der Jugendschutz wird bei Bestellung durch eine zweistufige Alterskontrolle sichergestellt: vor der Bestellung durch den Händler und bei Zustellung durch eine Ausweiskontrolle bei Übergabe, wie bereits bei Tabak üblich.“

Optional soll auch ein Konsum vor Ort angeboten werden können, ähnlich wie die niederländischen Coffeeshops. Auch Gastronomen soll erlaubt werden, den Konsum von Cannabis zu gestatten, sofern der Zugang zur Lokalität nur Erwachsenen erlaubt ist. „Beim Rauchen von Cannabis in der Öffentlichkeit gelten die gleichen Regeln wie bei Tabak.“

Maximal 50 Gramm

Der DHV spricht sich gegen die Festlegung einer THC-Obergrenze in den verkauften Produkten und gegen ein Verbot von Konzentraten und weiterverarbeiteten Produkten wie THC-haltigen Esswaren aus. Mit einer Deckelung der maximalen Verkaufsmenge auf 50 Gramm Cannabis pro Person kann der Verband dagegen leben. Auf der Forderungsliste steht auch das Verbot von Werbung für Cannabisprodukte – diese soll ausschließlich in den Fachgeschäften und in Fachzeitschriften erlaubt sein. Mischprodukte mit anderen Drogen sollen nicht zulässig sein, zum Beispiel Cannabisbier, Tabakjoints oder Getränke mit THC und Coffein.

Viel Platz nimmt das Thema Verbraucherschutz in den Eckpunkten des Verbandes ein. Mit Angaben zu den wichtigsten Inhaltsstoffen können Konsumenten die Produkte vernünftig dosieren und Sorten wählen, die individuell gut verträglich sind. Konkrete Angaben sollen etwa zu Herkunft, Produktionszeit, Produktionsmethode (Indoor, Gewächshaus, Outdoor, Anbaumedium) sowie THC- und CBD-Gehalt gemacht werden. Optional können weitere Cannabinoide und Terpene zur Verbraucherinformation angegeben werden. „Insbesondere bei essbaren Produkten sind genaue Angaben zur Dosierung notwendig.“ Cannabisprodukte und die Fachgeschäfte sollen in die übliche behördliche Überwachung zur Lebensmittelkontrolle aufgenommen werden.

Lockerung bei Eigenanbau

Einen zentralen Aspekt für die erfolgreiche und gerechte Umsetzung der Legalisierung sieht der DHV im privaten nicht kommerziellen Eigenanbau. Dieser sollte laut Auffassung des DHV auch gemeinschaftlich in Anbauclubs möglich sein, um Erfahrungen auszutauschen und soziales Miteinander zu fördern. „Es macht keinen Sinn, weiterhin Leute zu bestrafen, die ihren Eigenbedarf mit ein paar Hanfpflanzen auf dem Balkon decken, wenn gleichzeitig im Laden nebenan Cannabis verkauft werden darf“, so Wurth. Entsprechend soll auch das geltende Verbot von Hanfsamen aufgehoben und eine regulierte Produktion von Saatgut ermöglicht werden. Für den Verkauf von Hanfpflanzen/-stecklingen gelten die gleichen Regeln wie für den Verkauf von Cannabisprodukten.

Die Produzenten im Inland werden lizenziert und ihre Produktionsstätten stichprobenartig kontrolliert. Das gilt auch für Anbauclubs. Für den Import sollten ebenfalls Qualitätskontrollen vorgeschrieben sein, für die Kontrolle der Produktionsstätten sind die Importeure zuständig.

Unabdingbar ist nach Auffassung des DHV auch eine schnelle Anpassung des Führerscheinrechts, verbunden mit der Festlegung realistischer Grenzwerte für THC auf 5ng/ml beziehungsweise 10 ng/ml Blutserum analog zu den Alkoholgrenzwerten.

Cannabissteuer für Hilfsangebote

Mit den Einnahmen aus der Cannabissteuer sollten Präventionsmaßnahmen und Hilfsangebote insbesondere für Jugendliche verstärkt werden. „Die Besteuerung sollte so gestaltet werden, dass der Staat einerseits gute Einnahmen generieren kann wie bei anderen Genussmitteln und keine Schleuderpreise entstehen, aber andererseits das Schwarzmarktniveau nicht wesentlich überschritten wird. Nur so kann eine Verdrängung des Schwarzmarktes gewährleistet werden.“ Der DHV sieht unterschiedliche Modelle: „Die Besteuerung kann sich an der Bruttomenge, am Preis und am THC-Gehalt orientieren. Ein Bonus für das ausgleichende CBD ist ebenso denkbar wie ein Bonus für Outdoor-Anbau aus Klimaschutzgründen.“

Das Konzept soll bei der „Cannabis Normal! Konferenz“ des DHV vom 17. bis 19. Juni in Berlin diskutiert werden.

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