Beitragsspirale beenden

Gesetzesantrag: Mehrwertsteuer auf Arzneimittel senken

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Berlin -

Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung stecken finanziell in der Krise. Die Bundestagsfraktion der Linken fordert in einem Antrag ein schnelles Handeln der Bundesregierung, um gegenzusteuern und neue Beitragserhöhungen zu vermeiden. Konkret schlägt die Linke vier Maßnahmen vor, die die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) insgesamt um rund 28,7 Milliarden Euro entlasten sollen, die soziale Pflegeversicherung (SPV) um 4,3 Milliarden Euro. Dazu gehört auch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel.

„Die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung (SPV) stecken in der Krise“, heißt es in dem Antrag „Leistungskürzungen und Beitragsexplosion in Gesundheit und Pflege verhindern – Jetzt gerechte Finanzierung einführen“ der Linken-Fraktion. In den vergangenen Monaten sei es zu beispielslosen Erhöhungen der Zusatzbeiträge gekommen. Dennoch sei die Situation der Krankenkassen desolat.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) bezeichne die GKV als „Notfallpatienten“ und betone, dass schnell gehandelt werden müsse, um erneute Beitragserhöhungen bis zum Jahresende zu verhindern. „Einem Notfallpatienten gibt man nicht nur eine Spritze zur Linderung der Symptome und lässt ihn dann zwei weitere Jahre liegen, sondern kümmert sich sofort“, heißt es in dem Antrag.

Kommission bis 2027

Obwohl die Dringlichkeit der Lage offenbar bekannt sei, würden die Maßnahmen im Koalitionsvertrag der Situation nicht gerecht. Statt das Problem jetzt anzugehen, wollen die Regierungsparteien eine Kommission einsetzen, die erst bis 2027 Maßnahmen vorschlagen soll. Bis dahin wolle Warken mit einer Finanzspritze gegensteuern. Dabei lägen bereits seit 20 Jahren geeignete Vorschläge auf dem Tisch.

„Stabile soziale Sicherungssysteme sind äußerst wichtig für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und für das Funktionieren der Gesundheitsversorgung. Um eine langfristig solide und sozial gerechte Finanzierung der GKV und der SPV zu erzielen, muss die Einnahmebasis konsequent dem Solidaritätsprinzip entsprechend reformiert werden“, betont die Fraktion in dem Antrag.

Beitragsbemessungsgrenze anheben

Der Bundestag soll demnach beschließen, die Beitragsbemessungsgrenze auf 15.000 Euro monatliches Bruttoeinkommen anzuheben. Das sei die wichtigste Maßnahme, heißt es in der Begründung, um die Kassen rasch zu stabilisieren. Der Effekt dieser Anhebung sei bislang allerdings nicht untersucht worden. Aus früheren Studien zu vergleichbaren Maßnahmen schätzt die Fraktion das Einsparpotenzial durch die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze auf etwa 18 Milliarden Euro für die GKV und 3,2 Milliarden Euro für die SPV für 2025.

Beiträge für Bürgergeldempfänger

Der Bund zahlt aktuell bei Bezug von Bürgergeld 133,16 Euro pro Monat an die gesetzliche Krankenversicherung und 30,55 Euro an die Pflegeversicherung. Das ist weniger, als vergleichbare Personengruppen mit einem ähnlichen Bruttoeinkommen zahlen. Bei einem Bruttoeinkommen von 1500 Euro wären es 247,50 Euro für die Krankenversicherung und 54 Euro für die Pflegeversicherung. Es wäre daher sachgerecht, wenn der Bund einen entsprechenden Beitrag zahlen würde. Die GKV würde dadurch 5,2 Milliarden Euro und die SPV 1,1 Milliarden Euro mehr einnehmen.

Mehrwertsteuer für Arzneimittel

In Deutschland wird auf Arzneimittel der volle Mehrwertsteuersatz erhoben, während lebensnotwendige Güter den ermäßigten Satz von 7 Prozent zahlen. Es wäre daher logisch, auf Arzneimittel nur den ermäßigten Satz zu erheben. Das würde laut Antrag Minderausgaben der GKV von rund 5,5 Milliarden Euro jährlich und eine Entlastung der Patienten in Höhe von etwa 1,9 Milliarden Euro bringen.

Dynamisierung des Bundeszuschusses

Die Linkspartei fordert, den Bundeszuschuss an die GKV zu dynamisieren, sodass er künftig jährlich an die Ausgabenentwicklung der Krankenkassen angepasst wird. Seit der letzten Erhöhung 2017 sei der Anteil der Bundesmittel an den Gesamtausgaben der GKV stetig gesunken. Er werde willkürlich nach Haushaltslage erhöht oder gesenkt, was den Krankenkassen keine Verlässlichkeit gebe, heißt es in dem Antrag.

Neben den vier Kernmaßnahmen soll sich die Regierung außerdem verpflichten, neue Zusatzbeitragssteigerungen sowie Erhöhungen des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung durch einen Bundeszuschuss zu verhindern, falls es trotz Umsetzung oder wegen verspäteter Umsetzung der Maßnahmen dazu kommen sollte.

Zudem soll ein Gesetzesentwurf erarbeitet werden, der vorsieht, dass künftig alle Einkommensarten aller Versicherten beitragspflichtig werden – auch Einkommen aus Kapitalvermögen bis zur Höhe des Sparerpauschbetrags sowie aus Vermietung und Verpachtung.

Private Krankenversicherung abschaffen

Den bereits seit Jahren diskutierten Vorschlag, die private Krankenversicherung in die gesetzliche zu integrieren, greift die Linke ebenfalls auf. Zunächst soll die private Pflegeversicherung in den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung integriert werden. Langfristig sollen Privatversicherte vollständig in die GKV und SPV überführt werden.

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