Großhandelsmarge

Gehe schlägt Alarm: Historischer Tiefpunkt erreicht

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Berlin -

Gerade erst hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Entwurf zum Terminservice-Gesetz (TSVG) eine Skonti- und Rabattsperre über das 70 Cent-Fixhonorar des Großhandels verhängt, da legt der Stuttgarter Großhändler Gehe in einem Brandbrief nach: Im August habe die Marge bei Gehe einen „historischen Tiefpunkt“ erreicht, schreibt Gehe-Cheflobbyistin Manuela-Andrea Pohl an Spahn, an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses und auch ans Bundeswirtschaftsministerium. Hauptgrund für die Misere ist laut Gehe die steigende Zahl der Hochpreiser.

„Den historischen Tiefpunkt der GH-Spanne bei Gehe im August 2018 nehmen wir daher zum Anlass, uns an Sie zu wenden und fordern: Erhöhung des Festzuschlags von 70 auf 96 Cent pro Packung. Rechtssichere Fixierung des Festzuschlags als Reaktion auf das BGH-Urteil vom 5. Oktober 2017. Einführung einer jährlichen dynamisierten Anpassung des Festzuschlages. Die Anpassung muss dabei an die Kostenentwicklung des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels bei wirtschaftlicher Betriebsführung angepasst werden“, heißt es in dem Schreiben.

Damit die qualitativ hochwertige und flächendeckende Versorgung aller Patienten mit Arzneimitteln auch in Zukunft erfolgen könne, „bitten wir unser Anliegen in Ihren anstehenden Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen“.

Aus „aktuellem Anlass wenden wir uns mit diesem Brief an Sie als politischen Entscheidungsträger“, um auf eine gravierende Fehlentwicklung im deutschen Gesundheitssystem hinzuweisen: Die Großhandelsspanne befinde sich seit Jahren im Sinkflug und habe bei Gehe im August einen „historischen Tiefpunkt“ erreicht. Auch die branchenübergreifende Großhandelsspanne bestätige diese Entwicklung: Während 2003 die Spanne des pharmazeutischen Großhandels noch bei 12,52 Prozent gelegen habe, betrage sie laut Phagro 2017 nur noch 4,38 Prozent.

Hauptgrund für die sinkende Großhandelsspanne ist Gehe zufolge das rasante Wachstum hochpreisiger Arzneimittel. Gehe nennt dafür ein Beispiel: Die Großhandelsspanne des aktuell teuersten Arzneimittels im Gehe-Lager mit einem Herstellerabgabepreis von 20.712,33 Euro liege gerade einmal bei 0,19 Prozent. Hochpreisige Arzneimittel reduzierten die in der Arzneimittelpreisverordnung (AmPreisV) gesetzlich festgelegte Großhandelsspanne, ohne dass Gehe auf diese unternehmerischen Einfluss nehmen könnte.

Denn während Unternehmen in einem freien Markt den Verkaufspreis anpassen könnten, werde die Spanne bei Gehe ausschließlich durch die AmPreisV geregelt. Bei hochpreisigen Arzneimitteln ist die Vergütung gekappt für verschreibungspflichtige Arzneimittel über 1200 Euro erhält der Großhändler maximal 38,50 Euro.

Die generelle Entwicklung auf dem Arzneimittelmarkt zeige, weshalb die Spanne von Gehe unter der stetigen Zunahme an hochpreisigen Arzneimitteln leide: Von Juni 2016 bis Juni 2018 hat sich die Anzahl der hochpreisigen Arzneimittel fast verdoppelt – Tendenz weiter steigend. „Der Sinkflug der Großhandelsspanne ergibt sich unmittelbar aus der Arzneimittelpreisverordnung“, so Gehe. Deshalb könne dieses Problem auch nur vom Gesetzgeber gelöst werden.

Das Wachstum der hochpreisigen Arzneimittel werde auch künftig ungebremst weitergehen, was „unweigerlich zu immer weiteren Tiefständen bei der Großhandelsspanne führen wird“. Als führender Großhändler sei Gehe Bindeglied und verlässlicher Partner für 6500 Apotheken und 1600 pharmazeutischen Hersteller, der mit mehr als 2300 Mitarbeitern und 19 Niederlassungen die Verfügbarkeit aller 128.000 verschiedenen Arzneimittel und apothekenüblichen Waren gewährleiste.

Durch mehrmals tägliche Lieferungen – im Notfall innerhalb von maximal zwei Stunden – nehme Gehe eine „zentrale Rolle bei der schnellen und sicheren Arzneimittelversorgung in Deutschland ein“. Täglich stelle Gehe in Zusammenarbeit mit den Vor-Ort-Apotheken sicher, dass alle Patienten ihre Arzneimittel erhielten, „wann und wo sie sie benötigen“.

Voraussichtlich am 10. Oktober wird das Bundeskabinett über Spahns TSVG-Entwurf entscheiden. Gegenwärtig enthält der Entwurf eine Rabatt- und Skontibegrenzung auf den 3,15 prozentigen variablen Anteil des Großhandelshonorars: „Es wird gesetzlich klargestellt, dass der pharmazeutische Großhandel bei der Arzneimittelabgabe den Festzuschlag von 70 Cent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers nach der Arzneimittelpreisverordnung zwingend aufschlagen muss und auf diesen Betrag keine Rabatte oder Skonti gewähren darf“, heißt es im Referentenentwurf. Dürften Rabatte und Skonti nur noch aus dem variablen Anteil gewährt werden, würde dies für viele Apotheken eine Verschlechterung der Großhandelskonditionen nach sich ziehen.

Daher verlangen ABDA, VAD, BVDAK und MVDA eine Klarstellung im TSVG. In ihrer Stellungnahmen hatte die ABDA gefordert, dass handelsübliche Skonti weiter zugelassen sein müssten. Zur Vermeidung von „Fehlinterpretationen“ müsse klar sein, dass der Großhandel weiterhin Skonti einräumen könne, so die ABDA. Und der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) warnte: „Für die meisten Vor-Ort-Apotheken würde dies zu einer Ertragsminderung von 2 bis 3 Prozent führen.“

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