CDU-Abgeordneter besucht Apotheke

„Die Sparwut geht zu weit“

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Berlin -

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Haase hat die St.-Nikolaus-Apotheke in Nieheim besucht. Im Gespräch wurde er von Björn Schmidt, Kreisvertrauensapotheker und Vorsitzender der Bezirksgruppe Höxter im Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL), und dessen Stellvertreter André Kramer (Annen-Apotheke in Brakel) über die Probleme in der Arzneimittelversorgung und die Reformpläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) informiert. Erstes Fazit: „Was die Apotheken betrifft, geht die Sparwut der Politik doch etwas zu weit“, so Haase.

Haase ist der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Sparen ist ein bekanntes Thema für ihn. Dennoch: Was die Apotheken betrifft, geht ihm „die Sparwut der Politik doch etwas zu weit“. Deutlich wurde dies bei seinem Besuch in der St.-Nikolaus-Apotheke Nieheim. Denn: „Die Daseinsvorsorge für die Menschen und die gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land sind mir ein Anliegen“, so Haase.

Im Gespräch mit Schmidt und Kramer wurden ihm die Probleme in der Arzneimittelversorgung und die Folgen der Reformpläne des BMG dargelegt. Obwohl die Zwei-Klassen-Versorgung Apotheke eigentlich nicht das Kernthema des Haushaltspolitikers ist, weiß er als Vorsitzender der kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU dennoch, wie wichtig eine gute und sichere Gesundheitsversorgung für die Bürger und Bürgerinnen ist.

Gesprächsthema waren auch die Leistungen der Apotheken, nicht zuletzt in der Corona-Pandemie. „Die massiven Arzneimittel Lieferengpässe sind ohne die Apotheken vor Ort gar nicht zu handhaben und die Einführung des E-Rezeptes wäre ohne die Apotheken nicht umzusetzen gewesen“, so Schmidt.

Man informiere die Bürger:innen, nehme sie mit und „trage so dazu bei, den sozialen Frieden zu sichern“, erklären beide Apotheker. „Dass in meinem Heimatkreis Höxter in den vergangenen 15 Jahren jede vierte Apotheke schließen musste, bereitet mir Sorge“, so Haase. Im Gespräch wurden die Ursachen dafür besprochen. „Hauptgrund ist die chronische Unterfinanzierung der Apotheken“, so Schmidt. Seit nunmehr 20 Jahren sei das staatlich geregelte Honorar von der Politik de facto nicht mehr erhöht worden.

Aber: „Im gleichen Zeitraum aber sind Personal-, Sachkosten und Inflation deutlich gestiegen“, so Schmidt. „Mittlerweile machen 10 Prozent der Apotheken ein Minus.“ Mehr noch: „Ein Drittel ist wirtschaftlich gefährdet“, warnt Schmidt. Mit einer Apothekenreform wolle das Bundesgesundheitsministerium eigentlich gegensteuern. „Damit wird sich die Situation jedoch weiter verschärfen“, kritisieren die Apotheker.

Konkret: „Um Kosten zu reduzieren will das Ministerium Apotheken ohne Apotheker schaffen und damit die Pharmazeuten wegsparen“, so die beiden Inhaber. „Nur noch wenige Stunden pro Woche muss den Plänen zufolge ein Apotheker in seiner Apotheke anwesend sein. Dies hat für die Patienten Leistungskürzungen zur Folge, weil ohne Apotheker keine Impfungen verabreicht, keine starken Schmerzmittel abgegeben, keine individuellen Rezepturen hergestellt und keine umfangreichen Medikationsberatungen durchgeführt werden können“, so Schmidt und Kramer. „Das ist der Weg in eine Zwei-Klassen-Versorgung: Wer Glück hat, hat eine echte Apotheke in der Nähe, und alle anderen lediglich Schein-Apotheken, in denen keine Apotheker sind.“

Der „Brandbeschleuniger Kosten“ ließe sich mit dem Modell nicht reduzieren, denn: „Die Leitung der Schein-Apotheken müsste von pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) übernommen werden. Und die müssten für die zusätzliche Verantwortung auch besser bezahlt werden“, machen die Apotheker deutlich. Es gebe Zweifel, dass sich genügend PTA für eine solche Leitung finden lassen. „Zum einen, weil PTA zu den Mangelberufen zählen. Und zum anderen, weil auch die Interessenvertretung der PTA (BVpta) die Reformidee aus dem Bundesgesundheitsministerium ablehnt.“

Die Honorarreform sehen die beiden Apotheker ebenso kritisch: „Geld soll nach den Berliner Plänen zwischen kleinen und größeren, vermeintlich besser verdienenden Apotheken umverteilt werden. Kleine Apotheken würden von der Reform jedoch maximal mit einem niedrigen vierstelligen Betrag profitieren“, erklären sie. „Damit ist keine Apotheke zu retten, wohl aber geraten weitere in wirtschaftliche Schieflage und das Netz dünnt immer mehr aus“, so Schmidt. „Das Apothekensterben wird sich dadurch noch beschleunigen. Eine Umverteilung hilft nicht, das System ist schlicht unterfinanziert.“

Haase ist überzeugt: „Die Schein-Apotheke ist kein Weg, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zu sichern.“ Nach 20 Jahren Stagnation sei die Honorarreform keine geeignete Maßnahme, das Apothekensterben aufzuhalten. „Die Apotheke vor Ort muss als niedrigschwelliger Zugang und wichtige Säule im Gesundheitssystem in den Orten des Kreises Höxters erhalten bleiben“, fordert der Politiker.

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