Apothekenrechenzentrum

ARZ Haan: Neuordnung besiegelt – AVWL ist raus

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Berlin -

Nach jahrelangem Streit ist der Ausstieg des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL) aus dem Rechenzentrum ARZ Haan jetzt besiegelt. Das Bundeskartellamt hatte am Vorabend noch die Genehmigung zur damit verbundenen Aufstockung des Anteils der Apotheker- und Ärztebank (Apobank) erteilt. Die außerordentliche Hauptversammlung der ARZ Haan AG beschloss daraufhin die Einziehung der Anteile des AVWL zum Preis von rund 34 Euro pro Aktie. Mit knapp über 50 Prozent hält jetzt der Apothekerverband Nordrhein die Aktienmehrheit. Die Apotheker- und Ärztebank (Apobank) stockt ihren Anteil auf und hält direkt und indirekt über 49 Prozent.

Die Erhöhung des direkten Anteils der Apobank auf rund 30 Prozent unterlag der Fusionskontrolle. Die Prüfung durch das Kartellamt war einen Tag vor der Hauptversammlung noch nicht abgeschlossen. Erst gestern Abend gab das Bundeskartellamt grünes Licht. Die Wettbewerbshüter hatten zuvor Nachfragen zum Antrag der Apobank gestellt, ihren Anteil über 20 Prozent zu erhöhen.

Vorausgegangen war dem heutigen Beschluss ein jahrelanger Streit zwischen den bisherigen ARZ Haan-Anteilseignern. Wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Unternehmenspolitik hatte der AVWL den ARZ-Haan-Stimmrechtsvertrag zum 31. Dezember 2013 gekündigt und damit den Verkaufsprozess seiner Anteile eingeleitet.

Nach der AVWL-Kündigung entbrannte ein Konflikt über die Höhe des Aktienwertes von ARZ Haan. In einem Gutachten wurden die Stammaktien zunächst mit 28,59 Euro bewertet. Später wurde dem AVWL eine Abfindung von maximal 29,50 Euro je Aktie vorgeschlagen, insgesamt 13,4 Millionen Euro. Der Verband forderte stattdessen 36 Euro je Anteilsschein. Nach monatelangen Verhandlungen und mehrfach verschobenen Gerichtsterminen einigten sich die Kontrahenten im Herbst 2015 schließlich auf einen Wert von 34,10 Euro.

Der Deal ist für den AVWL ein gutes Geschäft. Im Jahr 2005 hatten die Apothekerverbände Nordrhein und Westfalen-Lippe sowie die Apobank die zuvor den Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe gehaltenen Anteile für 3,88 Euro je Aktie übernommen. Der Aktientausch war erforderlich geworden, nachdem Gerichte den öffentlich-rechtlichen Apothekerkammern die Beteiligung am ARZ Haan untersagt hatten. Nun erhält der AVWL nach zehn Jahren den knapp neunfachen Preis ausgezahlt, 15,4 Millionen Euro.

Die Neuordnung der Anteilsverhältnisse erfolgt über den Weg des Einzugs der AVWL-Anteile. Der AVWL hält 272.000 ARZ Haan Stammaktien sowie über die RZV Vermögensverwaltungsgesellschaft 181.333 weiter Aktien. Der AVWL gibt laut Vereinbarung seine 272.000 Stammaktien zurück, AVNR und Apobank erhöhen ihre Anteile entsprechend – allerdings mit einer Aktie Unterschied. Dem Vernehmen nach hat der AVNR damit künftig 30+x Prozent, die Apobank 30-x Prozent. Der Rest liegt bei der RZV zu gleichen Teilen bei den Beteiligten. Der Apothekerverband würde also mit seiner „goldenen Aktie“ das Sagen behalten, die Apobank wäre aber zumindest indirekt knapp zur Hälfte an dem Rechenzentrum beteiligt.

Um den AVWL ausbezahlen zu können, muss das Rechenzentrum in die Rücklagen greifen. Die sind immerhin gut gefüllt, denn vom Verkauf des EDV-Anbieters Lauer-Fischer an die CompuGroup (CGM) hatten die Aktionäre nur marginal profitiert. Zuletzt mussten die Anteilseigner auf die ansonsten übliche Dividende von 55 Cent je Aktie verzichten; nur die Vorzugsaktionäre hatten 17 Cent je Aktie ausbezahlt bekommen.

Der ARZ Haan-Deal hatte das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen, weil die Apobank ihren direkten Anteil über die meldepflichtige Grenze von 25 Prozent erhöht. Tatsächlich verfügt die Apobank aber über weitere ARZ Haan-Anteile über ihre Beteiligung an der CP Capital. CP Capital ist wiederum beteiligt an der RZV Vermögensverwaltungsgesellschaft, die etwa 40 Prozent der Anteile am ARZ Haan hält.

Nach dem Ausstieg des AVWL teilen sich CP Capital und die AVNR-Tochter Norwima die Anteile der RZV. Es wird erwartet, dass die Apobank in absehbarer Zeit die ARZ Haan die von der CP Capital gehaltenen ARZ Haan Anteile übernimmt. Hierzu soll es eine Pull-Option gegenüber den anderen Anteilseignern der Schweizer Gesellschaft geben. Damit würde der direkte Anteil der Apobank an ARZ Haan auf über 49 Prozent steigen.

Das ARZ Haan war 1971 als ARZ Rechenzentrum nordrhein-westfälischer Apotheken gegründet worden und in den 1990er Jahren durch Zukäufe gewachsen. Heute gehören neben Apothekern auch andere Leistungserbringer zu den Kunden. Mit dem AVWL ist bereits die dritte Apothekerorganisation ausgeschieden. Die beiden Kammern aus NRW mussten ihre Anteile bereits vor Jahren aus rechtlichen Gründen abgeben. Damals war die Apobank eingestiegen.

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