Verträge

ABDA will Kammern an die Leine legen

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Berlin -

Bevor die ABDA-Vertreter beim heutigen Sommerfest ihr sonnigstes Festtagslächeln aufsetzen, dürfte es hinter geschlossenen Türen im ABDA-Gesamtvorstand noch einmal streitig zur Sache gehen. Der Präsidenten- und Vorsitzendenversammlung liegt ein „Konsenspapier“ auf dem Tisch, das für Ärger sorgt. Die ABDA will die Kammern an die Leine legen und verpflichten, künftig auf Alleingänge bei Verträgen und Vereinbarungen zum Thema Medikationsmanagement zu verzichten. Die Kammern Baden-Württemberg und Westfalen-Lippe haben Protest angemeldet.

Vor dem Hintergrund des Perspektivpapiers „Apotheke 2030“ sind laut ABDA parallel zum Projekt „ARMIN“ in Sachsen und Thüringen bei den Apothekerkammern und -verbänden vielfältige Ideen, Aktivitäten und Projekte entstanden, die das Ziel der Einführung und Etablierung neuer Leistungen der Apotheken unterstützen sollten.

Durch das „Nebeneinander der Aktivitäten und Zuständigkeiten“ sei aber ein erhöhter Abstimmungsbedarf entstanden. „Ohne entsprechende Abstimmung drohen Reibungsverluste und eine weniger effiziente Verfolgung der gemeinsamen Ziele“, sieht sich die ABDA in ihrer Strategie gestört.

Daher hat der Geschäftsführende ABDA-Vorstand im März ein Papier zur „Koordination der Aktivitäten von Kammern und Verbänden bei pharmazeutischen Dienstleistungen“ beschlossen, dass jetzt diskutiert wird. Über das „gemeinsame übergeordnete Ziel“ bestehe unverändert Konsens, heißt es darin und weiter: „In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass in der Bewertung der Details einzelner Maßnahmen und in der Frage der Rollen- und Zuständigkeitsverteilung unterschiedliche Auffassungen bestehen, die der Abstimmung bedürfen“.

Der Gesamtvorstand der ABDA habe deshalb beschlossen, „Grundsätze“ für diese Aktivitäten aufzustellen, die sicherstellen sollen, dass die „ABDA und ihre Mitgliedsorganisationen nach außen in Bezug auf die inhaltlichen Positionen mit einheitlicher Stimme spricht, Zielkonflikte und inhaltliche Widersprüche zwischen einzelnen Aktivitäten verhindert werden und die Kompetenzen der Beteiligten optimal eingesetzt werden“.

Kammern und Verbände sollen wechselseitig ihre unterschiedlichen Aufgabenstellungen „respektieren“. Insbesondere Verträge über Dienstleistungen der Apotheken mit Krankenkassen oder deren Verbände sollen Kammer und Verband „möglichst frühzeitig, spätestens nach Beendigung von Sondierungsgesprächen und vor Aufnahme von Vertragsverhandlungen“ erörtern.

Die Verbände sollen bei Verträgen mit Kassen stets die Federführung behalten. Die Kammern sollen nur „beteiligt“ werden und Einfluss nehmen können. „Die vorstehenden Eckpunkte gelten entsprechend auf Bundesebene für das Verhältnis zwischen BAK und DAV“, heißt es in dem Papier. Die Mitgliedsorganisationen sollen die ABDA über „Vertragsabsichten, -verhandlungen und -abschlüsse“ informieren.

Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Kammern und Verbänden will die ABDA als Schlichter eingreifen: „Die ABDA berät die Mitgliedsorganisationen für den Fall, dass Meinungsverschiedenheiten über die Opportunität von Vertragsangeboten oder einzelner Vertragsbestimmungen bestehen“, so das Papier. Vor allem aber soll der Grundsatz gelten, dass Vertragsmodalitäten die mit dem Projekt „ARMIN“ verfolgten Ziele nicht beeinträchtigen dürfen.

Das geht den Kammern von Baden-Württemberg und Westfalen-Lippe entschieden zu weit. Gegenseitige Information sei zwar selbstverständlich, schreibt Kammerpräsident Günther Hanke an die ABDA-Zentrale. Die vorgeschlagenen Regeln bedeuteten aber eine „nicht hinzunehmende Einschränkung der Kammern bei der Wahrnehmung in Aufgaben, „der wir in dieser Form nicht zustimmen können“. Bedauerlich sei, dass die ABDA keine Alternativen zur Abstimmung stelle.

AKWL-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening will sich ebenfalls in ihrer Handlungsfreiheit nicht einschränken lassen: Daher werde man keine Vorgaben akzeptieren, „wonach es der Apothekerkammer untersagt sein soll, sei es mit Krankenkasse oder anderen beteiligten Verhandlungen zu führen oder Verträge zu schließen“, wenn diese von den Aufgaben der Kammer gedeckt seien.

Sie befürchtet eine „nicht hinzunehmende Beschränkung der Autonomie“ der Kammer, so Overwiening in einem Schreiben an ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz. Eine frühzeitige Information des Verbandes setze eine Basis für „kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit“ voraus. Diese könne man nicht durch ein „Eckpunktepapier“ manifestieren.

Anlass für die jetzige ABDA-Intervention war ein Streit zwischen Verband und Kammer in Wesetfalen-Lippe: Ein von der AKWL ausgehandelter AMTS-Vertrag mit der AOK Nordwest sorgte für einen Geschwisterstreit im Münsterland. Der Apothekerverband (AVWL) warf Overwiening vor, in seinem Revier zu wildern. Auch bei der ABDA in Berlin sah man im Kammer-Vorstoß eine Grenzüberschreitung.

Anfang März hatte die AKWL ihr neues AMTS-Projekt vorgestellt. Im Kammerbezirk werden Apotheker künftig für Medikationschecks bezahlt: 80 Euro erhalten Apotheker einmalig, wenn sie die Medikation von AOK-Versicherten prüfen. Mitmachen können Apotheken, die sich in Sachen Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) geschult haben. Das Modellprojekt soll über drei Jahre laufen und wird von der AKWL und der AOK Nordwest finanziert.

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