Kommentar

Abda: Versagen mit Ansage

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Berlin -

Die Abda läuft mit ihren Forderungen einen Marathon, wie Präsidentin Gabriele Regina Overwiening im gestrigen Live-Talk beschrieb. Aber ganz vorne läuft die Standesvertretung nicht mit, sie hinkt der Politik hinterher, das machen die heute beschlossenen Forderungen deutlich. Ein Paukenschlag sind diese zumindest nicht – ganz im Gegenteil.

2,7 Milliarden Euro pro Jahr bräuchten die Apotheken zusätzlich, um ihre Beschäftigten angemessen zu bezahlen, dem Nachwuchs eine Perspektive zu geben und die Versorgung zu sichern. So hatte Overwiening im September zur Pressekonferenz im Vorfeld des Deutschen Apothekertags (DAT) in Düsseldorf argumentiert. 2,7 Milliarden Euro, das entspricht genau die Summe aus der geforderten Anhebung des Fixums auf 12 Euro.

Doch obwohl die Apotheken mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Skonti um schätzungsweise 400 Millionen Euro zusätzlich belastet werden könnten, forderte Overwiening heute in der FAZ nicht 3,1 Milliarden Euro – sondern nur noch eine Milliarde Euro.

Zugegeben, als Soforthilfe – noch in diesem Jahr. Aber warum senkt man seine Forderungen, bevor die Verhandlungen überhaupt begonnen haben? Und war das Fixum von 12 Euro nie ernst gemeint, sondern nur ein Ausgangswert, von dem aus man sich irgendwo in der Mitte treffen kann?

Ein zweites Beispiel: Vertreterinnen und Vertreter der Kammern und Verbände haben sich auf ihrer Sitzung in Berlin „einmütig“ für eine „sofortige, drastische Absenkung des Kassenabschlags“ ausgesprochen. Moment mal, muss der nicht schon nach der Logik des Skonto-Urteils samt und sonders weg?

Wenig hilfreich ist vor diesem Hintergrund die Forderung nach einer „Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), damit die sogenannten Skonti im Verhältnis zwischen Apotheke und Großhandel erlaubt bleiben“. Der BGH hat mit seiner Entscheidung nur die Grundsätze der Rx-Preisbindung verteidigt, die ohnehin schon im Verhältnis zum ausländischen Versandhandel auf tönernen Füßen steht. So richtig der Ruf nach mehr wirtschaftlichem Spielraum sein mag – ausgerechnet den Gesetzgeber in Sachen Skonto um Hilfe zu rufen, klingt nach einer Einladung, sich die angeblichen Reserven im System einmal genauer anzusehen.

Zumal der DAV-Vorsitzende Dr. Hans-Peter Hubmann es selbst „absurd“ findet, „dass wir unsere wirtschaftliche Existenz an die Gewährung von Skonti und Rabatten knüpfen“.

Wie man hört, sollen weitere finanzielle Forderungen kommen. Aber wie soll man damit durchdringen, wenn man jetzt erst einmal das kleine Besteck ausgepackt? Und was ist eigentlich aus dem Forderungskatalog geworden, den man vor einem Jahr beschlossen hatte – bevor Karl Lauterbach seine Reformpläne lancierte und so den Spieß einfach umdrehte?

Der Minister selbst schlägt andere Töne an: Erst gestern ätzte er im ARD-Magazin „Maischberger“ wieder einmal über das angeblich teure und ineffiziente Gesundheitssystem. Er inszenierte sich als derjenige Minister, der den Beitragszahler vor den gierigen Leistungserbringern schützt.

Die Abda ist diesem Spiel nicht gewachsen, sie ist nicht in Lauerstellung, sondern im Winterschlaf. „Wir sind eine Interessenvertretung, wir müssen dafür kämpfen, dass wir mit Informationen über unseren Berufsstand die Sache beeinflussen“, erklärte Kommunikationschef Benjamin Rohrer gestern und gab dann unverwunden zu Protokoll: „Wir haben kein Verhandlungsverhältnis mit dem Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für Gesundheit legt uns Eckpunkte vor.“

Man wisse immer noch nicht, wie der Referentenentwurf aussehen werde. Immerhin könne es ja sein, dass nach den Eckpunkten etwas anderes vorgesehen sei. „Wir wissen nicht, wie sich das Spiel entwickelt.“ Dass die Forderungen jetzt schon im Vorfeld heruntergeschraubt werden, zeigt, wie sehr die Apothekerschaft in der Defensive ist.

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