Gerinnungshemmer

Xarelto: Kein Warnhinweis für Deutschland

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Berlin -

Stevens-Johnsons-Syndrom (SJS) und Agranulozytose zählen zu den sehr seltenen gemeldeten Komplikationen einer Behandlung mit Xarelto (Rivaroxaban). Der Hersteller Bayer erweitert jetzt die Produktinformationen für die USA und die Schweiz – aber offenbar nicht für Deutschland.

Eine abgeschlossene klinische Studie bezüglich der seltenen unerwünschten Nebenwirkungen konnte keine Fälle von SJS und Agranulozytose unter dem Einsatz von Rivaroxaban beobachten. Bayer entschied sich trotzdem für einen Hinweis in den Produktinformationen. SJS und Agranulozytose werden als potenzielle unerwünschte Arzneimittelwirkungen mit unbekannter Häufigkeit aufgenommen. Laut Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) lässt sich aus den Spontanmeldungen ein Risiko für SJS von etwa 0,04 und für eine Agranulozytose von etwa 0,03 pro 10000 Patientenjahren ableiten.

Eine Konzernsprecherin begründet die Entscheidung, die Fachinformation in der Schweiz zu ändern, mit einem Ersuchen der Gesundheitsbehörde Swissmedic. In den USA könnte die aktuelle Klagewelle ausschlaggebend gewesen sein. Warum in Deutschland kein Warnhinweis aufgenommen wird, wollte die Sprecherin nicht beantworten. „Es ist wichtig zu beachten, dass sämtliche verfügbaren Daten, inklusive der weltweiten klinischen Studien sowie Sicherheitsdaten aus Studien nach der Zulassung, bisher keinen Kausalzusammenhang zwischen der Einnahme von Xarelto und dem Auftreten der Agranulozytose und des Stevens-Johnson- Syndroms zeigen.“

Patienten sollen laut Hinweis über die möglichen Symptome der beiden sehr seltenen unerwünschten Nebenwirkungen informiert werden. Werden erste Anzeichen bemerkt, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Beide Erkrankungen können tödlich verlaufen. Die Eudravigilance-Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) dokumentierte insgesamt 34 Verdachtsfälle zu SJS und 24 zu Agranulozytose, vier davon letal.

Die Agranulozytose ist eine Zerstörung von bestimmten weißen Blutkörperchen – den Granulozyten. Im Rahmen der Erkrankung können bakterielle Infektionen und Schleimhautnekrosen auftreten. Die ersten Anzeichen sind meist unspezifisch und durch eine allgemeine Schwäche gekennzeichnet. Im weiteren Verlauf können Fieber, Halsschmerzen und Entzündungen der Mundschleimhaut auftreten.

SJS ist eine arzneimittelinduzierte Hauterkrankung. Die sehr seltene unerwünschte Nebenwirkung kann beispielsweise auch während der Einnahme von Codein, Allopurinol, nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) oder nicht-nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) auftreten. Die T-Zell-vermittelte Reaktion beginnt unspezifisch: Das Allgemeinbefinden ist geschwächt, Fieber, Erytheme und Hautläsionen können hinzu kommen. Schluckbeschwerden und Augenbrennen bis zu einer Bindehautenzündung sind möglich.

Rivaroxaban hemmt den Gerinnungsfaktor Xa und ist unter anderem zugelassen zur Prophylaxe von venösen Thrombosen und Embolien nach elektiven mit Hüftgelenks- und Kniegelenkersatz-Operationen, zur Prävention von ischämischen Schlaganfällen und systemischen Embolien bei nicht valvulärem Vorhofflimmern.

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